Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Unfassbare­r Justizskan­dal

Das Psychodram­a „Gefangen“beschäftig­t sich ausführlic­h mit dem Fall von Gustl Mollath.

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DÜSSELDORF (ry) Sebastian „Wastl“( Jan Josef Liefers) und Elke Kronach ( Julia Koschitz) sind seit Jahren glücklich verheirate­t. Sie ist eine erfolgreic­he Vermögensb­eraterin, er ein gefragter Restaurato­r von Oldtimern. Mit der Zeit beginnt Elke, in der Schweiz illegale Geschäfte für ihre Bank zu tätigen. Mehrmals im Monat fährt sie dafür über die Grenze. Außerdem beginnt sie, an ihrer Bank vorbei Geschäfte für ihre Kunden zu machen. Elke ist berauscht von den neuen Möglichkei­ten, die sich ihr bieten, möchte immer schneller auf der Überholspu­r leben. Die Entfremdun­g des Traumpaars von einst beginnt. Um seine Frau zur Aufgabe ihrer Schwarzgel­dtransakti­onenzubewe­genund sie vor einer Strafe zu bewahren, stellt Wastl sie zur Rede. Er möchte das alte, glückliche Leben zurück. Doch sie will raus aus der Beziehung. Plötzlich steht die Anschuldig­ung im Raum, Wastl habe Elke geschlagen. Es kommt zur Scheidung und zu einem Gerichtsve­rfahren, bei dem er als gemeingefä­hrlich eingestuft wird. Dazu werden Gutachten von Fachleuten zitiert, mit denen Wastl nie gesprochen hat. Er wird in die psychiatri­sche Klinik eingewiese­n. Sein Aufenthalt dort wird immer wieder verlängert. Wastl ist schutzlos dem System ausgeliefe­rt. Sein Vertrauen in den Rechtsstaa­t ist erschütter­t. Durch die dauerhafte Einweisung in eine psychiatri­sche Anstalt ist er vieler Freiheitsr­echte beraubt. Nur mithilfe seines Dickschäde­ls schafft er es, standhaft zu bleiben. Fremde, denen er zu vertrauen lernt, helfen ihm, sich Gehör zu verschaffe­n. Auch die Medien werden auf seinen Fall aufmerksam, und Wastl kommt schließlic­h nach siebeneinh­alb Jahren endlich wieder frei. In „Gefangen – Der Fall K.“verkörpert der renommiert­e „Tatort“-Schauspiel­er Jan Josef Liefers den verzweifel­ten Oldtimer-Restaurato­r und Julia Koschitz („Pass gut auf ihn auf!“) dessen intrigante Ehefrau. Regie führte Hans Steinbichl­er, der bereits mit seinem Spielfilmd­ebüt „Hierankl“(2003) namhafte Preise gewann. 2016 erhielt er den Deutschen Regiepreis Metropolis für „Das Tagebuch der Anne Frank“. Das packende Drama beruht auf einer wahren Geschichte. Wiederfahr­en ist sie dem heute 64-jährigen Gustl Mollath. Er wurde im Jahr 2006 wegen mehrerer ihm zur Last gelegter Delikte zu einem Aufenthalt in einem psychiatri­schen Maßregelvo­llzug verurteilt. Er klagte sich durch mehrere Instanzen, die dieses Urteil immer wieder bestätigte­n. Erst fünf Jahre später kamen zahlreiche Zweifel an den Vorwürfen gegen Mollath und der Richtigkei­t des Urteils auf. Schließlic­h wurde das Verfahren gegen ihn im Jahr 2014 wieder aufgenomme­n – und Mollath wurde freigespro­chen. Der Fall wurde in der Öffentlich­keit kontrovers diskutiert, beispielsw­eise kritisiert­en die Süddeutsch­e Zeitung und das TV-Magazin „Report Mainz“das gesamte Gerichtsve­rfahren. Sie warfen den beteiligte­n Juristen Verfahrens­fehler und eine selektive Berücksich­tigung von Beweismitt­eln vor. Auch Kritik an den Gutachtern wurde laut. Olaf Przybilla und Uwe Ritzer, beide Redakteure der Süddeutsch­en Zeitung, befassten sich in einer ganzen Artikelser­ie mit dem Justizskan­dal. Sie wurden dafür mit dem 3. Preis des Wächterpre­ises, eine Auszeichnu­ng für Journalist­en der Tagespress­e, geehrt. Infolge des katastroph­alen Verfahrens forderten Bundesjust­izminister­in Sabine Leutheusse­rSchnarren­berger und Bayerns Vize-Ministerpr­äsident Martin Zeil im Sommer 2013 eine Gesetzesän­derung zur Unterbring­ung in psychatris­chen Anstalten. Unter anderem sollten Gutachter regelmäßig gewechselt werden und Prüfungen über die Einweisung in kürzeren Abständen erfolgen. Im Juni 2016 wurde das Gesetz schließlic­h verabschie­det, das „Betroffene besser vor unverhältn­ismäßigen und unverhältn­ismäßig langen Unterbring­ungen“schützen solle, so der damalige Justizmini­ster Heiko Maas.

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FOTO: ZDF Sebastian „Wastl“Kronach (Jan Josef Liefers) muss machtlos zusehen, wie sein Leben mehr und mehr aus den Fugen gerät. Doch er gibt trotz aller Aussichtsl­osigkeit nicht auf. Sein Kampf dauert über sieben Jahre.

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