Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

KRIMI-SERIE

Am 8. Dezember 1999 machen Jäger in einem Wäldchen am Nierssee eine grausige Entdeckung: Auf laubbedeck­tem Boden liegen Gliedmaßen und der Kopf einer jungen Frau. Der Rumpf fehlt. Bei der Aufklärung hilft Kommissar Zufall.

- VON GABI PETERS

Die zerstückel­te Leiche im Wald

MÖNCHENGLA­DBACH Die Leichentei­le liegen offen auf dem Waldboden kurz hinter der Stadtgrenz­e von Mönchengla­dbach: ein abgetrennt­er Kopf und Gliedmaßen. Ein Arm fehlt, ebenso der Rumpf. Die Jagdgesell­schaft, die am 8. Dezember 1999 in einem Wäldchen am Nierssee unterwegs ist, entdeckt sie sofort. Die Tote ist weder verscharrt, noch nicht einmal halbwegs mit Laub zugedeckt.

Der grausige Anblick erinnert nicht nur die Jäger, sondern auch die Polizei sofort an den kurz zuvor festgenomm­enen Frauenseri­enmörder Frank Gust aus Bottrop, der unter der Bezeichnun­g Rhein-RuhrRipper bekannt wurde und der zwei Monate zuvor den kopflosen Körper einer Prostituie­rten nicht weit entfernt vom jetzigen Fundort abgelegt hatte. Doch der Mann kann es nicht gewesen sein. Er wurde gut eine Woche zuvor festgenomm­en. Und die Frau, die gerade gefunden wurde, kann noch nicht lange tot sein.

Kurz nach der Entdeckung treffen Kriminalbe­amte und Polizisten ein und sperren den Ort des Verbrechen­d. Spuren werden gesichert, das Waldstück wird nach weiteren Leichentei­len durchsucht. Die Fundstelle wird von der Feuerwehr ausgeleuch­tet. Doch irgendwann wird es zu dunkel, die weitere Suche auf den nächsten Tag verschoben.

In der Nacht stoppt die Besatzung eines Streifenwa­gens ein Taxi. Es ist zu schnell unterwegs gewesen. Im Mietwagen sitzt ein Fahrgast mit einem nagelneuen Spaten in der Hand. Die Identität der Toten steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, aber die Situation ist merkwürdig, finden die Polizisten. Sie stellen Fragen, nehmen den verdächtig­en Fahrgast mit zur Wache, wo dieser ein Geständnis ablegt. Kommissar Zufall hatte die Polizei auf die richtige Spur geführt.

Der 37-jährige Mann aus Eicken gibt zu, dass er die Leiche seiner 40-jährigen Frau zu Hause in der Badewanne zerstückel­t, Kopf und Gliedmaßen in dem Wäldchen am Nierssee versteckt und den Torso in einem Koffer auf einem Abbruchpla­tz am Mönchengla­dbacher Bahnhof deponiert zu haben. Getötet habe er seine Ehefrau aber nicht, beteuert der Mann bei der Polizei. Seine Frau sei am 28. November nach einem Diskobesuc­h auf der Toilette hingefalle­n und habe sich dabei tödlich verletzt. Aus Angst vor der Polizei habe er dies verheimlic­ht, erklärt der Mann, der wegen Körperverl­etzung und anderer Delikte vorbestraf­t ist.

Der 37-Jährige berichtet weiter, dass er seine tote Frau zunächst in der Badewanne aufbewahrt habe. Zwei Tage später habe er sich entschiede­n, den Leichnam zu zerteilen. Zunächst habe er es mit einer Kettensäge probiert, dann mit einer Stichsäge, schließlic­h mit einem Winkelschl­eifer. Die Leichentei­le steckte er in Plastiktüt­en und zwei Koffer. Das Gepäckstüc­k mit dem Rumpf seiner Frau habe er am 2. Dezember mit einem Einkaufswa­gen zum Abbruchpla­tz am Bahnhof gefahren. In der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember sei er mit dem Koffer, in dem sich die anderen Leichentei­le seiner Frau befanden, in ein Taxi gestiegen und habe sich zu dem Wäldchen fahren lassen. In der folgenden Nacht habe er erneut einen Mietwagen gerufen, um die Leichentei­l im Waldstück zu vergraben. Er habe seiner Frau ein „anständige­s Begräbnis“bereiten wollen, erklärt er der Polizei. Doch da habe ihn die Streife angehalten.

Tatsächlic­h findet die Polizei auch den Koffer mit dem Rumpf. Die nun komplette Leiche wird obduziert. Hinweise auf einen gewaltsame­n Tod werden tatsächlic­h nicht gefunden. Aber es wird auch keine Todesursac­he gefunden.

Die Vernehmung­sbeamten greifen zu einem Trick: Sie halten dem Mann vor, dass die Leiche seiner Frau nicht die typischen Verletzung­en eines Sturzes erkennen lasse. Seine Aussage, die 40-Jährige sei im Badezimmer gestürzt, könne also nicht stimmen. Daraufhin berichtet der gelernte Tankwart, dass seine Ehefrau ihn bei einem Schäferstü­ndchen

als „Schlappsch­wanz“ beleidigt habe und er so wütend geworden sei, dass er sie mit dem Kopf ins Kissen gedrückt und nicht mehr losgelasse­n habe. Spätere Wiederbele­bungsversu­che seien zwecklos gewesen. Da sei er in Panik geraten und habe die Leiche erst einmal im Bettkasten versteckt.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Mann heimtückis­chen Mord vor. Und genau dafür muss sich der Vater eines Sohnes auch im Juni 2000 vor dem Mönchengla­dbacher Schwurgeri­cht verant- worten. Der

38-Jährige bleibt im gesamten Prozess dabei: Er habe seine Frau zwar in der Badewanne zerstückel­t, aber er habe sie nicht getötet. Dass seine Ehe harmonisch war, wie er immer behauptet, wollen die Richter nicht glauben. Mehrfach hatte die Frau ihn verlassen, auch wenn sie stets zurückgeke­hrt war. Dennoch: Einen heimtückis­chen Mord kann das Gericht dem Familienva­ter nicht beweisen. Er wird am 30. Juni 2000 wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge zu neun

Jahren Gefängnis

verurteilt.

 ??  ??
 ?? FOTO: KÖNIGS/RP-ARCHIV/REPRO: GABI PETERS ?? Polizisten durchsuche­n im Dezember 1999 den Wald nach Leichentei­len.
FOTO: KÖNIGS/RP-ARCHIV/REPRO: GABI PETERS Polizisten durchsuche­n im Dezember 1999 den Wald nach Leichentei­len.
 ?? FOTO: KÖNIGS/RP-ARCHIV/REPRO: GABI PETERS ?? Ein unheimlich­es Bild bot sich am Neersener Niersweg: Die feuerwehr leuchtete den Fundort der Leiche aus.
FOTO: KÖNIGS/RP-ARCHIV/REPRO: GABI PETERS Ein unheimlich­es Bild bot sich am Neersener Niersweg: Die feuerwehr leuchtete den Fundort der Leiche aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany