Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wir schaffen das!
Das ZDF rekonstruiert die Ereignisse aus dem September 2015 rund um die Flüchtlingskrise.
DÜSSELDORF (ry) Im Vorfeld einer eigentlich ziemlich normalen Pressekonferenz am 31. August 2015 hätte Bundeskanzlerin Angela Merkel wohl nie gedacht, dass drei kleine von ihr geäußerteWorte so einen bleibenden Eindruck hinterlassen würden. Doch der Ausspruch„Wir schaffen das“, der nur ein kleiner Teil des eigentlichen Zitats ist, wurde zumgeflügelten Wort. Im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 signalisierteMerkel damit, dassDeutschland bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen. Nurwenige Tage später brachen am 4. September in Budapest Tausende Flüchtlinge entlang der AutobahnennachDeutschlandauf. DasDoku-Drama vonRegisseurChristian Twente nimmt diesen Tag in den Fokus und zeichnet den Weg der Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (in Spielszenen von Heike Reichenwallner dargestellt) nach, die Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen. Was für die Kanzlerin wie ein normaler Arbeitstag beginnt, nimmt aufgrund der Ereignisse in Ungarn einen dramatischen Verlauf. Die Situation am 4. September spitzt sich stündlich zu. Ist der sogenannte March of Hope, dem sich immer mehr Flüchtlinge anschließen, noch aufzuhalten? Soll Berlin sich bereit erklären, Tausende Menschen aufzunehmen? Gelingt es, die Unterstützung der europäischen Partner zu gewinnen? Als der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán Angela Merkel schließlich vor dieWahl stellt, die Flüchtlinge – womöglich gewaltsam – durch eigene Sicherheitskräfte zu stoppen oder sie weiter nach Deutschland ziehen zu lassen, gerät die Kanzlerin in Zugzwang. Am Ende des Tages steht eine Entscheidung, die zu denWendepunkten nicht nur in der ÄraMerkel zählt, sondern in derGeschichte derBundesrepublik: die Zusage, die Flüchtlinge, die sich inUngarn auf denWeg gemacht hatten, aufzunehmen. Hat AngelaMerkel aus humanitären und ethischenGründen so entschieden, oder fürchtete sie ansonsten weitaus Schlimmeres – etwa eine gewaltsame Eskalation, die jeder Versuch, die Menschen aufzuhalten, auslösen konnte? Der Filmbezieht neben der Ebene politischer Hauptakteure auch die Perspektive der Flüchtlingemit ein. Der SyrerMohammad Zatareih (AramArami), der imFilmauch zu Wort kommt, hatte den Aufbruch im Bahnhof von Budapest maßgeblich initiiert. Daraus ergab sich dieWechselwirkung zwischen den Ereignissen vorOrt und den Reaktionen der Kanzlerin. Das parallele, aber dennoch ineinander übergreifende Geschehen um beide Hauptfiguren bildet den dramaturgischen Leitfaden der szenischen und dokumentarischen Darstellung. Originalaufnahmen, darunter noch nie veröffentlichtes Material, und Interviews mit damals Beteiligten aus Politik, Medien und involvierten Institutionen ergänzen die szenischen Passagen. Wie bei jedemFilmkames auch in demDoku-Drama darauf an, die Rollen richtig zu besetzen. Regisseur Christian Twente gibt im Interview zu, dass eine besondere Herausforderung darin bestanden hätte, eine Schauspielerin zu finden, dieAngelaMerkel gleiche.„Da sind das Grübeln und Suchen vorprogrammiert: Gibt es so jemanden überhaupt, der AngelaMerkel wirklich ähnlich sieht, ihre Sprache, Gestik, die Art sich zu bewegen, nachzuahmen vermag? Und dann lernten wir sie kennen, Heike Reichenwallner, eine gestandene Theater- und Filmschauspielerin, bei der sich sofort der Eindruck verfestigte: Sie könnte es sein. Sie hat das Zeug dazu. Und gemeinsam übten wir Merkel ein, was ja nicht einfach ist, weil die Kanzlerin eben ist, wie sie ist. Auf keinen Fall betont emotional oder besonders gestikulierend. Immerhin geht es umdieDarstellung derweltweit bekanntesten und anerkanntesten Deutschen in einer historischen Ausnahmesituation.“Ob dies gelungen ist, zeigt sich am heutigen Abend. Stunden der Entscheidung – AngelaMerkel und die Flüchtlinge, 20.15 Uhr, ZDF