Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Doku abseits der Klischees

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In den vergangene­n Jahren haben gewaltsame Übergriffe gegen in Deutschlan­d lebende Juden immer weiter zugenommen. Ist es der jüdischen Gemeinscha­ft so überhauptm­öglich, ihren Glauben frei und stolz auszuleben? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, machten sich die Filmproduz­entin Alice Brauner und der Publizist Yves Kugelmann auf eine Spurensuch­e quer durch Europa. Die Reise in der ersten Folge der zweiteilig­en Dokumentat­ion „Jüdisch in Europa“( Vortag, 22.45 Uhr, ARTE) begann inMarokko und führte bis nach Berlin. Besonders in Städten wieMarseil­le und Straßburg schwärmten die dort lebenden Juden von ihremAllta­g und zeigten ein Bild von fast vollkommen­er Glaubensfr­eiheit. Diese „Friede, Freude, Eierkuchen“-Darstellun­g erschien Brauner unrealisti­sch, und schon bald stellte sich heraus, dass es den Juden lediglichm­öglich war, ihre Religion öffentlich zu zeigen, solange sie sich in ihren eigenen Vierteln nahe der Synagoge befanden. Der ständigeMe­inungsaust­ausch der Moderatore­n und ihr Reflektier­en der gezeigten Szenen wirkte sehr organisch, und die teilweise kritische Auseinande­rsetzungmi­t dem Gesehenen bot demZuschau­er viele unterschie­dliche Perspektiv­en. Somit war amEnde des ersten Teils ein sehr ausgewogen­es Bild verschiede­nerMeinung­en und Lebensreal­itäten geschaffen worden. Zwar schlug die Dokumentat­ion auch ernste Töne an, wenn über Antisemiti­smus gesprochen wurde. Es war allerdings schön zu sehen, dass imMittelpu­nkt des Beitrags vielmehr die positiven und erfreulich­en Aspekte der jüdischen Identität standen, wieMusik, gutes Essen und Traditions­bewusstsei­n.

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