Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Lettow-VorbeckStraße bleibt
Der Bürgerantrag auf Umbenennung wurde zwar abgelehnt, Bezirksvertreter Herbert Pauls will aber alle Straßennamen untersuchen lassen. Dafür gab es Lob aus der Botschaft Namibias.
Der Bürgerantrag auf Umbenennung wurde abgelehnt, Bezirksvertreter Herbert Pauls will aber alle Straßennamen untersuchen lassen.
MÖNCHENGLADBACH Die Lettow-Vorbeck-Straße bleibt weiter Lettow-Vorbeck-Straße. Die Bezirksvertretung Nord lehnte mit Stimmen von CDU und FDP am Mittwochabend einen Bürgerantrag auf Umbenennung der Straße nach einer rund einstündigen Debatte ab – aber es gibt womöglich noch ein Nachspiel, und zwar nicht nur für die Lettow-Vorbeck-Straße. „Wir wollen die Verwaltung bitten, eine gesamtstädtische Bewertung aller infrage kommenden Straßennamen vorzunehmen und den Gremien vorzulegen“, sagte Bezirksvorsteher Herbert Pauls (CDU). „Bei so einer Frage kann sich der Rat nicht aus der Verantwortung stehlen. Die Stadt Mönchengladbach muss sich insgesamt mit dieser Thematik befassen.“Die Bezirksvertretung stimmte noch nicht über diesen Vorschlag ab, da gebe es noch Beratungsbedarf, wie CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Dohmen sagte.
Zuvor hatten die Politiker über die Ergebnisse der Anwohnerbefragung aus dem Jahr 2015 gestritten. Damals waren 83 Anwohner angeschrieben worden, 62 davon meldeten sich, und davon waren 56 gegen eine Umbenennung. CDU und FDP argumentierten, sie fühlten sich an dieses Votum gebunden. „Wer den Bürgerwillen nur dann gelten lässt, wenn er in das eigene Parteiprogramm oder Weltbild passt, erschüttert zwangsläufig Vertrauen in demokratische Verfahren“, sagte Dohmen. SPD-Politiker Reinhold Schiffers kritisierte: „Die Bewohner haben sich aus
praktischen Gründen so entschieden, nicht aus ideologischen Gründen.“Grünen-Politikerin Monika Halverscheidt sagte, dass eine solche Straßenumbenennung gesamtstädtisch zu sehen seien. Demnach sei nicht nur der Wille der Anwohner, sondern der Bürger der gesamten Stadt zu Rate zu ziehen. „Und wir müssen dringend überlegen: Welches Signal senden wir?“
Die Botschaft der Republik Namibia in Berlin beschäftigte sich auch mit der Mönchengladbacher Debatte und kündigte am Tag der Sitzung bei Bezirksvorsteher Herbert Pauls an, dass zwar kein Botschaftsmitglied anreisen, aber eine Zivilperson als Beobachter teilnehmen werde. Die war auch vor Ort. Namibias Botschafter Andreas Guibeb erklärte am Donnerstag zu dem Vorschlag, historisch eventuell belastete
Straßennamen in Mönchengladbach grundsätzlich zu untersuchen: „Wir begrüßen den Vorschlag einer Gesamtstrategie, da der Koalitionsvertrag vom März 2018, in dem 28 Mal „Afrika“erwähnt wurde, die besondere Bedeutung der Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte unterstrichen hat. Dennoch haben alle Akteure in Deutschland die Verantwortung, sich mit der Rolle, die Deutschland in dieser Geschichte gespielt hat, insbesondere mit der noch ungelösten Völkermordfrage auseinanderzusetzen.“Als Botschaft respektiere man demokratische Prozesse in den Gastländern. „Unsere Pflichten beschränken sich darauf, zu beobachten und darüber zu berichten, wie deutsche Interessenvertreter zu Fragen von beiderseitigem Interesse bezüglich unserer gemeinsamen Geschichte vorgehen.“
Paul Emil von Lettow-Vorbeck war als Offizier und Adjutant des deutschen Kom- mandeurs Lothar von Trotha zwischen 1904 und 1906 an der Niederschlagung des Herero-Aufstands in Südwestafrika, dem heutigen Namibia, beteiligt. Die sogenannte deutsche „Schutztruppe“ging brutal gegen die Afrikaner vor. Tausende Herero wurden in die Wüste Omaheke getrieben, wo sie verhungern mussten. Tausende Nama fielen der Vergiftung von Wasserstellen sowie der Zwangsarbeit und Krankheiten in Konzentrationslagern zum Opfer. Die Bundesregierung stufte dies 2015 als Völkermord ein – ein Urteil, das unter Historikern umstritten ist. Die Stadtverwaltung stellte aber klar, dass eine Neubenennung nach Lettow-Vorbeck nicht infrage käme.