Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Engagement zum Nulltarif
Merz steht als Brexit-Beauftragter in der Kritik – doch das Amt ist ein Ehrenamt.
Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren wurde der CDU-Politiker Friedrich Merz zum Brexit-Beauftragten der NRW-Landesregierung berufen. Seither überzieht die Opposition den gleichzeitigen Aufsichtsratsvorsitzenden des deutschen Blackrock-Ablegers mit Häme. Die Vorwürfe reichen von angeblicher Tatenlosigkeit über Profilsucht bis zur Unterstellung, Merz würde die Position als Türöffner in die Landespolitik missbrauchen, um Lobbyarbeit für den Finanzinvestor Blackrock zu machen.
Friedrich Merz nimmt die Funktion des Brexit-Beauftragten ehrenamtlich wahr. Er bekommt dafür vom Staat weder einen Stab zur Verfügung gestellt noch sonst irgendeine personelle Unterstützung. Sein Engagement kostet den Steuerzahler nichts. Ist es da nicht zumindest unhöflich, darauf mit solchen Tiraden zu reagieren? Und welches Signal geht davon für das Ehrenamt insgesamt aus?
Den Vorwurf der Tatenlosigkeit hat Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) jetzt in einem Bericht für den Wirtschaftsausschuss des Landtages widerlegt. Demnach hat Merz den Ministerpräsidenten, diverse Minister und Staatssekretäre mehrfach beraten. Zudem nahm er im Oktober an einem Workshop des Wirtschaftsministeriums teil, wo er sich mit Vertretern von Wirtschaft, Verbänden, Gewerkschaften, Bundesregierung und Wissenschaft ausgetauscht hat. An einem späteren Termin beriet Merz Vertreter der Industrie- und Handelskammern, nahm im März an der Europaministerkonferenz teil und im Januar an Gesprächen in London. Man mag all das ja geringschätzen, und vielleicht hätte es auch ein wenig mehr sein dürfen. Aber der Nachweis, dass Merz dem Land mit dem Ehrenamt geschadet hat, ist nicht erbracht. Manchmal richtet der Kritiker ja auch mehr Schaden an als der Kritisierte.