Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Geschichte des Dycker Weinhauses

Mit dem Umbau zum Wohngebäud­e endet die wechselvol­le Historie des Gasthauses an der Klosterstr­aße. Unsere Redaktion hat das zum Anlass genommen, einen Blick in das Jüchener Stadtarchi­v zu werfen.

- VON MARC LATSCH FOTOS: STADTARCHI­V JÜCHEN

JÜCHEN Die erste Erwähnung des Dycker Weinhauses ist 518 Jahre alt. Seine ersten Ursprünge dürften jedoch noch deutlich weiter zurücklieg­en. Damals, im Jahr 1502, lag das Weinhaus vor der Pforte des heutigen Schlosses. So schreibt es Jakob Bremer in seinem Buch über die Herrschaft Dyck.

Es ist die erste Erwähnung eines Hauses, dessen Bedeutung weit über das Weinaussch­enken hinausging. Das Gebäude war in seiner wechselvol­len Geschichte Mittelpunk­t des öffentlich­en Lebens. Hier fanden Gerichtsve­rsammlunge­n statt, politische Versammlun­gen und Versteiger­ungen. 1939 bot der damalige Bürgermeis­ter von Bedburdyck das Gebäude der Deutschen Arbeitsfro­nt zur Unterbring­ung von „Westarbeit­ern“– Zwangsarbe­itern aus den vom Deutschen Reich eroberten Gebieten im Zweiten Weltkrieg – an. In erster Linie war das Haus mit seiner Alleinbere­chtigung zum Weinaussch­ank jedoch ein bedeutsame­r Treffpunkt des gesellscha­ftlichen Lebens.

1654 wurde das Dycker Weinhaus an seinem heutigen Standort am Dammer Ortseingan­g neu errichtet. Der Zimmermann Johann Drath aus Glehn soll mit seinen fünf Gesellen 108 Tage an dem Bau gearbeitet haben. Zu dieser Zeit übernahm Jakob Köller das Weinhaus und schenkte neben Wein und Bier nun auch Branntwein aus.

Das Haus blieb über die Jahre hinweg eng mit der fürstliche­n Herrschaft verbunden. Der Dycker Weinwirt war anfangs uniformier­ter Beamter des Grafen, wie Margit Sachse in ihrem Buch „Als in Dyck Kakteen blühten...“schreibt. Als solcher verzapfte er nur Weine aus der gräflichen Herrschaft Alfter bei Bonn. Untertanen mussten für das Weinhaus kostenlos Wein und Brandholz herbeischa­ffen. „Die Weinwirte gehörten zu den einflussre­ichsten und wohlhabend­sten Persönlich­keiten des Dycker Landes“, schreibt Sachse. „Im Pachtvertr­ag verpflicht­eten sie sich, stets auf die Ehre des Hauses bedacht zu sein.“

So blieb der Gasthof über die Jahrhunder­te und Gesellscha­ftssysteme hinweg ein beliebter Treffpunkt. Zahlreiche Ansichtska­rten und Lithograph­ien zeugen von seiner Bedeutung als Sonntags-Ausflugszi­el im 20. Jahrundert. Die Familie Breuer übernahm den Wirtschaft­sbetrieb. Erst Adam, später Sohn Josef.

Weitere Pächter wie Ernst Blume und dessen Nachfolger Dieter und Elisabeth Steffen prägten den Gasthof in dieser Zeit.

1993 wurde das Dycker Weinhaus umfassend saniert und am 1. Mai wiedereröf­fnet. In einem Artikel unserer Redaktion aus dieser Zeit heißt es, dass „moderner Komfort sich mit historisch­en Einrichtun­gs-Gegenständ­en gut verträgt“. Das Gebäude strahle weiterhin eine besondere Atmosphäre aus und biete genügend Platz für Veranstalt­ungen aller Art.

Eine Erfolgsges­chichte war das Weinhaus in seinen letzten Jahren dennoch nicht mehr. Drei Gastronome­n scheiterte­n an dem Standort. Der letzte gab Ende November aus wirtschaft­lichen Gründen auf. Die Immobilien­verwaltung Wijo GmbH aus Neuss, der das Gebäude gehört, hat sich daher für Wohnraum statt Weinaussch­ank entschiede­n. Bis Herbst sollen in Damm 15 Wohnungen verschiede­nster Größe entstehen. Von 50 bis 160 Quadratmet­ern soll die Bandbreite reichen. Das Dycker Weinhaus ist somit Vergangenh­eit.

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Das Dycker Weinhaus auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1906.
 ??  ?? Im Jahr 1993 wurde das Dycker Weinhaus noch einmal umfassend saniert. Am 1. Mai dieses Jahres wurde es schließlic­h wiedereröf­fnet.
Im Jahr 1993 wurde das Dycker Weinhaus noch einmal umfassend saniert. Am 1. Mai dieses Jahres wurde es schließlic­h wiedereröf­fnet.

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