Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Fortunas Fundament hielte den Abstieg aus
Samstag ist Entscheidungstag für die Düsseldorfer: Relegation oder der bittere Gang in die Zweite Liga.
DÜSSELDORF Um etwa 17.20 Uhr am Samstagnachmittag wird eines der beiden Szenarien für Fortuna Düsseldorf feststehen: Zwei weitere Spiele um den Klassenerhalt oder direkter Abstieg. Für Fortuna geht es im Spiel bei Union Berlin und im Fernduell mit Werder Bremen um nicht weniger als die Bewertung einer ganzen Saison. Die Relegation war im Saisonziel einkalkuliert, der Gang ins Unterhaus logischerweise nicht. Doch was würde der sechste Abstieg aus der Bundesliga überhaupt für den Klub bedeuten?
Spieler
Die gute Nachricht: Alle Akteure, die einen festen Vertrag besitzen, sind auch in der Zweiten Liga weiter vertraglich an Fortuna gebunden. Es gibt allerdings Ausstiegsklauseln – Kaan Ayhan hat eine, Matthias Zimmermann auch. Die Frage wird lauten, ob Fortuna auch mit allen Akteuren weitermachen möchte und ob der eine oder andere Spieler nicht dennoch wechseln möchte. Dann würden die Düsseldorfer aber in jedem Fall noch Geld kassieren. In Florian Kastenmeier, Andre Hoffmann, Marcel Sobottka, Alfredo Morales und Rouwen Hennings wäre ein stabiles Grundgerüst für die Mission direkter Wiederaufstieg in jedem Fall vorhanden.
Trainer
Üblicherweise ist es eine der ersten Amtshandlungen einer Vereinsführung, sobald der Kampf um den Klassenerhalt verloren ist: Der Trainer wird entlassen und dabei die Floskel bemüht, überall einen echten Neuanfang machen zu wollen. Bei Fortuna wäre es diesmal anders, denn unanbhängig von der Liga wird Uwe Rösler die Mannschaft weiterhin trainieren. „Da gibt es überhaupt keine Zweifel“, sagt dazu Sportvorstand Uwe Klein. „Ich bin beeindruckt, wie schnell Uwe Rösler es geschafft hat, die Jungs auf seine Seite zu ziehen, und wie schnell er auch das Trainer- und Funktionsteam hinter sich bekommen hat. Das zeigt, dass er menschlich sehr gute Führungsqualitäten hat, und das sieht man auch auf dem Platz.“Der Vertrag des 51-Jährigen ist ohnehin für beide Ligen gültig.
Vorstand und Aufsichtsrat
Es gab in der jüngeren Vergangenheit viel Unruhe in den beiden obersten Vereinsgremien – trotz sportlichen Erfolgs.
Es steht zu befürchten, dass es in sportlich weniger erfolgreichen Zeiten nicht ruhiger wird. Aber: In Björn Borgerding und Sebastian Fuchs gibt es eine neue Spitze im Aufsichtsrat, die die ersten Personalien (Trainerwechsel von Friedhelm Funkel zu Uwe Rösler und Vertragsauflösung mit Sportvorstand Lutz Pfannenstiel) ruhig und sachlich abgearbeitet hat. Auch um Vorstandschef Thomas Röttgermann, der in der Corona-Krise als harter Kämpfer für den Klub und die Kleinen der Liga auftrat, ist es nach App-Affäre und Funkel-Entlassung ruhiger geworden. Die Frage wird lauten, ob es aktuell nur ein Burgfrieden ist, der bei einem Abstieg bröckelt, weil alte Wunden aufgerissen, Personen und Strukturen neu in Frage gestellt werden. Oder ob das aktuelle Führungspersonal auf Vorstands- und Direktorenebene einen Plan zum Wiederaufstieg und zur dauerhaften Etablierung in der Bundesliga entwickeln darf.
Zuschauer
Die Dauerkarteninhaber haben bereits ein klares Signal abgegeben, dass sie dem Verein weiter die Treue halten. In der vergangenen Woche wurde die Marke von 12.000 verlängerten Saisontickets durchbrochen, und noch bis zum 15. Juli läuft die Aktion weiter. Das ist zwar erst die Hälfte der 2019/20 erreichten Gesamtmenge, angesichts der Rahmenbedingungen aber eine stolze Zahl: Noch kann schließlich niemand sagen, in welcher Liga Fortuna demnächst spielt, und ebenso wenig, wann überhaupt wieder Zuschauer in die Stadien kommen dürfen. Auch nach dem Abstieg 2013 konnten sich die Düsseldorfer auf ihre Fans verlassen und deshalb in der Zweiten Liga wirtschaftlich besser zurechtkommen als mancher Konkurrent. Zum Vergleich: In der Aufstiegssaison 2017/18 hatten 12.500 Anhänger eine Dauerkarte.
TV-Gelder
Klar ist: Falls Fortuna den Klassenerhalt schafft, wird es zu einem kleinen Sprung nach vorne bei den TV-Geldern reichen. Der SV Werder Bremen würde sich dann hinter Fortuna einreihen, genau wie Bielefeld, Hamburg oder Heidenheim, der VfB Stuttgart rückt in jedem Fall vor die Fortuna. Nach dem aktuellen Vier-Säulen-Modell (70 Prozent Bestand, fünf Prozent Sportliche Nachhaltigkeit, zwei Prozent Nachwuchs, 23 Prozent Wettbewerb)
bekam Fortuna nach Informationen unserer Redaktion in der aktuellen Saison mehr als 30 Millionen Euro aus dem Topf. Die zweijährige Bundesligazugehörigkeit würde Fortuna in den Fünf-Jahres-Tabellen der Säulen Bestand und Wettbewerb zwar auch beim Abstieg helfen, dennoch würde der Klub dann rund 15 Millionen Euro weniger TV-Geld bekommen.
Sonstige Finanzen
Fortuna ist schuldenfrei, zudem würde paradoxerweise verplantes Geld frei werden, da der Klub die Nichtabstiegsprämien sparen würde. Ein Risiko wäre allerdings die Eigenvermarktung, in die Fortuna seit diesem Sommer eingestiegen ist. Als Zweitligist würde es in der aktuellen Corona-Krise noch schwerer werden, neue Partner zu finden. Sollten Zuschauer erst 2021 wieder zugelassen werden, würden Einnahmen wegbrechen – das gilt dann aber natürlich in vergleichbarem Maße auch für die Konkurrenz.