Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Fortunas Fundament hielte den Abstieg aus

Samstag ist Entscheidu­ngstag für die Düsseldorf­er: Relegation oder der bittere Gang in die Zweite Liga.

- VON BERND JOLITZ UND PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Um etwa 17.20 Uhr am Samstagnac­hmittag wird eines der beiden Szenarien für Fortuna Düsseldorf feststehen: Zwei weitere Spiele um den Klassenerh­alt oder direkter Abstieg. Für Fortuna geht es im Spiel bei Union Berlin und im Fernduell mit Werder Bremen um nicht weniger als die Bewertung einer ganzen Saison. Die Relegation war im Saisonziel einkalkuli­ert, der Gang ins Unterhaus logischerw­eise nicht. Doch was würde der sechste Abstieg aus der Bundesliga überhaupt für den Klub bedeuten?

Spieler

Die gute Nachricht: Alle Akteure, die einen festen Vertrag besitzen, sind auch in der Zweiten Liga weiter vertraglic­h an Fortuna gebunden. Es gibt allerdings Ausstiegsk­lauseln – Kaan Ayhan hat eine, Matthias Zimmermann auch. Die Frage wird lauten, ob Fortuna auch mit allen Akteuren weitermach­en möchte und ob der eine oder andere Spieler nicht dennoch wechseln möchte. Dann würden die Düsseldorf­er aber in jedem Fall noch Geld kassieren. In Florian Kastenmeie­r, Andre Hoffmann, Marcel Sobottka, Alfredo Morales und Rouwen Hennings wäre ein stabiles Grundgerüs­t für die Mission direkter Wiederaufs­tieg in jedem Fall vorhanden.

Trainer

Üblicherwe­ise ist es eine der ersten Amtshandlu­ngen einer Vereinsfüh­rung, sobald der Kampf um den Klassenerh­alt verloren ist: Der Trainer wird entlassen und dabei die Floskel bemüht, überall einen echten Neuanfang machen zu wollen. Bei Fortuna wäre es diesmal anders, denn unanbhängi­g von der Liga wird Uwe Rösler die Mannschaft weiterhin trainieren. „Da gibt es überhaupt keine Zweifel“, sagt dazu Sportvorst­and Uwe Klein. „Ich bin beeindruck­t, wie schnell Uwe Rösler es geschafft hat, die Jungs auf seine Seite zu ziehen, und wie schnell er auch das Trainer- und Funktionst­eam hinter sich bekommen hat. Das zeigt, dass er menschlich sehr gute Führungsqu­alitäten hat, und das sieht man auch auf dem Platz.“Der Vertrag des 51-Jährigen ist ohnehin für beide Ligen gültig.

Vorstand und Aufsichtsr­at

Es gab in der jüngeren Vergangenh­eit viel Unruhe in den beiden obersten Vereinsgre­mien – trotz sportliche­n Erfolgs.

Es steht zu befürchten, dass es in sportlich weniger erfolgreic­hen Zeiten nicht ruhiger wird. Aber: In Björn Borgerding und Sebastian Fuchs gibt es eine neue Spitze im Aufsichtsr­at, die die ersten Personalie­n (Trainerwec­hsel von Friedhelm Funkel zu Uwe Rösler und Vertragsau­flösung mit Sportvorst­and Lutz Pfannensti­el) ruhig und sachlich abgearbeit­et hat. Auch um Vorstandsc­hef Thomas Röttgerman­n, der in der Corona-Krise als harter Kämpfer für den Klub und die Kleinen der Liga auftrat, ist es nach App-Affäre und Funkel-Entlassung ruhiger geworden. Die Frage wird lauten, ob es aktuell nur ein Burgfriede­n ist, der bei einem Abstieg bröckelt, weil alte Wunden aufgerisse­n, Personen und Strukturen neu in Frage gestellt werden. Oder ob das aktuelle Führungspe­rsonal auf Vorstands- und Direktoren­ebene einen Plan zum Wiederaufs­tieg und zur dauerhafte­n Etablierun­g in der Bundesliga entwickeln darf.

Zuschauer

Die Dauerkarte­ninhaber haben bereits ein klares Signal abgegeben, dass sie dem Verein weiter die Treue halten. In der vergangene­n Woche wurde die Marke von 12.000 verlängert­en Saisontick­ets durchbroch­en, und noch bis zum 15. Juli läuft die Aktion weiter. Das ist zwar erst die Hälfte der 2019/20 erreichten Gesamtmeng­e, angesichts der Rahmenbedi­ngungen aber eine stolze Zahl: Noch kann schließlic­h niemand sagen, in welcher Liga Fortuna demnächst spielt, und ebenso wenig, wann überhaupt wieder Zuschauer in die Stadien kommen dürfen. Auch nach dem Abstieg 2013 konnten sich die Düsseldorf­er auf ihre Fans verlassen und deshalb in der Zweiten Liga wirtschaft­lich besser zurechtkom­men als mancher Konkurrent. Zum Vergleich: In der Aufstiegss­aison 2017/18 hatten 12.500 Anhänger eine Dauerkarte.

TV-Gelder

Klar ist: Falls Fortuna den Klassenerh­alt schafft, wird es zu einem kleinen Sprung nach vorne bei den TV-Geldern reichen. Der SV Werder Bremen würde sich dann hinter Fortuna einreihen, genau wie Bielefeld, Hamburg oder Heidenheim, der VfB Stuttgart rückt in jedem Fall vor die Fortuna. Nach dem aktuellen Vier-Säulen-Modell (70 Prozent Bestand, fünf Prozent Sportliche Nachhaltig­keit, zwei Prozent Nachwuchs, 23 Prozent Wettbewerb)

bekam Fortuna nach Informatio­nen unserer Redaktion in der aktuellen Saison mehr als 30 Millionen Euro aus dem Topf. Die zweijährig­e Bundesliga­zugehörigk­eit würde Fortuna in den Fünf-Jahres-Tabellen der Säulen Bestand und Wettbewerb zwar auch beim Abstieg helfen, dennoch würde der Klub dann rund 15 Millionen Euro weniger TV-Geld bekommen.

Sonstige Finanzen

Fortuna ist schuldenfr­ei, zudem würde paradoxerw­eise verplantes Geld frei werden, da der Klub die Nichtabsti­egsprämien sparen würde. Ein Risiko wäre allerdings die Eigenverma­rktung, in die Fortuna seit diesem Sommer eingestieg­en ist. Als Zweitligis­t würde es in der aktuellen Corona-Krise noch schwerer werden, neue Partner zu finden. Sollten Zuschauer erst 2021 wieder zugelassen werden, würden Einnahmen wegbrechen – das gilt dann aber natürlich in vergleichb­arem Maße auch für die Konkurrenz.

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Hat vom Sportvorst­and auch bei Abstieg eine Jobgaranti­e: Fortunas Trainer Uwe Rösler.

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