Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Der Markt bleibt in Bewegung, ein Einbruch ist nicht in Sicht
Was bedeuten die Auswirkungen der Corona-Krise für Eigentümer und Investoren? Sollen sie verkaufen beziehungsweise kaufen? Der Markt scheint insbesondere bei Wohnimmobilien attraktiv zu bleiben.
Die ersten Prognosen zur Entwicklung des Immobilienmarkts durch den Einfluss der Corona-Pandemie waren desolat. So schätzte beispielsweise das Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica im April den Rückgang der Kaufpreise um zehn bis zu 25 Prozent bei Wohnimmobilien in den kommenden Monaten. Erst 2021 würden sich Kaufpreise wie auch Mieten wieder stabilisieren oder leicht steigen.
Einige Wochen später hat sich die Situation offensichtlich gedreht. Der Hauspreis-Index EPX, den die Immobilien-Transaktionsplattform Europace allmonatlich ermittelt, zeigt noch nach oben. Die Preise für Eigentumswohnungen und neue und bestehende Einfamilienhäuser legten im April um 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat zu. Der Preisauftrieb hat sich damit zwar verlangsamt, doch von Preisrückgängen ist noch keine Spur. Im Vergleich zum Vorjahresmonat liegen die Preise sogar 11,6 Prozent höher. Beim Immobilienverband Deutschland (IVD) heißt es entsprechend, dass der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland auch im Zuge der Corona-Krise stabil und attraktiv bleiben werde. Die Mieten sollen voraussichtlich um 2,5 bis drei Prozent, die Kaufpreise für Eigentumswohnungen um vier bis fünf Prozent steigen.
Aus einer Analyse des Vermittlers Immowelt, die 81 Großstädte umfasst, geht zudem hervor, dass die Mieten in der Zeit von Januar bis April 2020 um bis zu zwölf Prozent gegenüber den vier vorangegangenen Monaten September bis Dezember 2019 zugelegt haben. Eine weitere Analyse von Immowelt zeigt, dass in 45 von 60 untersuchten Großstädten die Kaufpreise
seit Ende des vergangenen Jahres steigen. Mittlerweile gehen Analysen sogar davon aus, dass selbst der Markt für gewerbliche Immobilien nicht derart einbrechen wird, wie Experten noch auf dem Höhepunkt der Krise vorausgesagt haben. Zwar rechnet unter anderem Michael Hüther, Direktor des Deutschen Instituts der Wirtschaft in Köln, mit nachlassenden Preisen in dem Segment, aber nicht mit einem Einbruch. Und nach einer Analyse des Vermögensverwalters DJE Kapital bleiben deutsche Ballungsräume wie Frankfurt oder München relativ verschont von einschneidenden Veränderungen. Insofern hat die Corona-Krise Einfluss auf den Immobilienmarkt im gewerblichen Bereich. Aber nach einer tiefen Krise sieht es perspektivisch nicht unbedingt aus.
Was bedeutet das nun für Eigentümer und Investoren? Sollen sie verkaufen beziehungsweise kaufen? Ist die Zeit dafür reif – oder vielleicht eher doch nicht? Auf einen Nachfrageüberhang weist IVD-Präsident Jürgen Michael Schick hin. „Die Marktsituation in vielen Städten und allen Metropolen hat sich nicht geändert. Es ist ein deutlicher Nachfrageüberhang sowohl nach Mietals auch nach Eigentumswohnungen zu verzeichnen. Dieser Nachfrageüberhang ist kurzfristig nicht abbaubar. Wir rechnen daher mit einem weiteren moderaten Preisanstieg.“Die prinzipielle Entscheidung, eine Wohnung zu kaufen oder zu mieten, werde von der Corona-Krise kaum berührt. Käufer, die wegen Liquiditätsverlusten ausfielen, würden durch Kaufinteressenten ersetzt, die ihre Liquidität gerade in der heutigen Zeit in Immobilien investieren wollten. Zudem bleibe das Zinsniveau vorerst auf einem sehr niedrigen Niveau.
Auch Anlageexperten verweisen darauf, dass sich am Immobilienmarkt auch weiterhin genug Geld verdienen lässt. Manch einer rät sogar dazu, gegebenenfalls eine Marktkorrektur dafür zu nutzen, das Portfolio noch zu ergänzen. Auch, weil es in den kommenden Jahren keine Zinssteigerung geben werde, sodass die Gelegenheit gut sein könne, über eine günstige Finanzierung einen substanzstarken Sachwert zu erwerben.
Und verkaufswillige Eigentümer wiederum könnten trotz allem interessante Preise erzielen – und unter Umständen auch ihre Verschuldungsquote bei Mehrfach-Investments senken, wie der Bonner Vermögensmanager Nikolaus Reeder (Reeder & Preuss) sagt. „Viele Anleger sind bei ihren Immobilien-Investments zu stark gehebelt. Das kann natürlich zum Problem werden, wenn Mieten sinken oder sogar ausfallen und dadurch Zins und Tilgung nicht mehr bedient werden können. Ein Verkauf kann also helfen, das Portfolio generell zu bereinigen und Finanzierungslasten zu reduzieren.“