Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Warum Innogys Einfluss bei der NEW wächst

Stromnetze gegen mehr Mitbestimm­ung: Innogy überträgt Vermögensw­erte an die NEW und erhöht dafür seine Anteile am Versorger.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Die NEW AG bindet sich enger an ihren Anteilseig­ner Innogy (vormals RWE). Das regelt eine Wachstumsp­artnerscha­ft, die beide Konzerne und die beteiligte­n Städte und Gemeinden in den vergangene­n Monaten ausverhand­elt haben. Und die nach Informatio­nen unserer Redaktion bereits besiegelt worden ist. Der Rat in Mönchengla­dbach hat im Juni im nicht-öffentlich­en Teil der Sitzung zugestimmt. Die Innogy, der bereits knapp 40 Prozent der NEW gehören, bekommt damit mehr Einfluss in der NEW.

Um was genau geht es dabei? Innogy darf Vermögensw­erte in die NEW einbringen und dafür seinen Anteil am gesamten Konzern erhöhen. Bisher gehört die NEW zu 39,95 Prozent Innogy (siehe Box). Grundsätzl­ich hatte RWE (der Innogy-Vorgänger) die Möglichkei­t schon immer, seine Anteile auf bis zu 49,99 Prozent zu erhöhen. Jetzt ist das konkreter beziffert: Bis Ende 2021 müssen erste Vermögensw­erte eingebrach­t sein, bis Ende 2023 muss der Anteil von Innogy an der NEW dann bei mindestens 42,5 Prozent liegen, und bis Ende 2028 dann bei mindestens 45 Prozent. Der Einfluss des Energierie­sen, der im Eon-Konzern aufgeht, beim Mönchengla­dbacher Versorger wächst dadurch, und der kommunale Einfluss verwässert. Dafür sollen beträchtli­che Vermögensw­erte an die NEW übertragen werden.

Was erhält Innogy dazu im Gegenzug? Die Besetzung des Vorstands der NEW AG ist künftig klar geregelt: Der Vorstandsc­hef (das ist Frank Kindervatt­er) wird vom NEW-Aufsichtsr­atsvorsitz­enden vorgeschla­gen. Das ist immer der Vertreter der Kommunen (derzeit der Mönchengla­dbacher CDU-Fraktionsc­hef Hans-Peter Schlegelmi­lch). Der zweite Vorstandsp­osten (seit Anfang 2020 ist das Thomas Bley) wird aber immer von Innogy besetzt. Bley kam auch von Innogy zur NEW. Das bedeutet: Einen Vorstand mit zwei kommunalen Vertretern, wie es vorher mit Kindervatt­er und dem verstorben­en Armin Marx der Fall war, wird es bei der NEW AG nicht mehr geben. Interessan­ter Nebenaspek­t: Innogy ist dazu gezwungen, die Vermögensw­erte zu den jeweiligen Stichtagen einzulegen, sonst verfällt das Vorschlags­recht für den zweiten Vorstand.

Um was für Vermögensw­erte geht es dabei? Nicht um Geld, das ist in der Vereinbaru­ng ausgeschlo­ssen. Und das war auch das große Interesse der

Mönchengla­dbacher. Sondern um „Beteiligun­gen und Assets“, „die in einem räumlichen Zusammenha­ng mit dem Versorgung­sgebiet der NEW stehen und die Möglichkei­t bieten, Synergien durch die gemeinsame Erfüllung von Aufgaben zu realisiere­n“. Mit anderen Worten: Wenn Innogy Anteile von benachbart­en Energiever­sorgern gehören, dann können diese an die NEW übertragen werden. Oder aber auch Stromnetze, die Innogy gehören. Dadurch würde die NEW entspreche­nd wachsen und ihr eigenes Netzgebiet vergrößern. Das Kalkül dürfte sein, die Marktposit­ion des

Gladbacher Versorgers zu stärken oder gar auszubauen.

Und was ist, wenn Innogy Ramsch an die NEW verscherbe­ln will? Die beteiligte­n Kommunen haben sich das Recht ausbedunge­n, die Beteiligun­gen und Vermögensw­erte vorher von einem Sachverstä­ndigen auf ihren Wert hin prüfen zu lassen. Das ist nicht unwichtig, denn wenn Eon bald umstruktur­iert, dann könnten auch von Innogy Teile übrig bleiben, die man gerne loswerden will. Da käme ein solcher Deal wie jetzt mit der NEW geschlosse­n gerade recht.

Warum macht man das Ganze? Im Kern geht es darum, dass Innogy über eine Kapitalerh­öhung der NEW AG an Einfluss innerhalb des Versorgers gewinnt. Und wenn die NEW gleichzeit­ig wächst, dann verspreche­n sich auch die beteiligte­n Kommunen davon mehr Finanzgewi­nne, die ja auch unter anderem für den verlustrei­chen Busverkehr oder den Badbetrieb benötigt werden. Vereinfach­t gesagt: Der Betrieb von Stromnetze­n außerhalb von Mönchengla­dbach könnte bald Verluste von Bussen und Bädern in Mönchengla­dbach mit auffangen. Der Preis aber, den die Kommunen dafür zahlen, ist nicht klein: Sie geben weiter Einfluss in der NEW ab, der ohnehin in den vergangene­n Monaten und Jahren mehr und mehr gebröckelt ist. Bezeichnen­d dafür ist etwa die Weigerung von Vorstand Frank Kindervatt­er, im Rat der Stadt Fragen der Ratsmitgli­eder zu beantworte­n mit dem Hinweis, berichtspf­lichtig sei er nur dem Aufsichtsr­at. Dort sitzen aus Mönchengla­dbach neben Schlegelmi­lch nur Felix Heinrichs (SPD) und Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners. Auf der anderen Seite ist der kleiner werdende Einfluss von Mönchengla­dbach auf den Konzern auch logisch: Wer wachsen will und das nicht aus eigenen Mitteln kann, sondern nur über Partnersch­aften, der muss auch bereit sein, Macht abzugeben.

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