Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ein großer Schaden für den Finanzplat­z

- VON GEORG WINTERS

Auf Deutschlan­ds Privatbank­en konnte man einst stolz sein. Die Deutsche Bank war ein Institut von Weltformat, die Commerzban­k und die Dresdner Bank gehörten zu den angesehene­n Banken Europas. Was ist geblieben? Die Dresdner ging unter, die Deutsche Bank hat den Anschluss an die Weltspitze verloren. Die Commerzban­k war 2018 nicht mal gut genug für den Dax und musste Platz machen für Wirecard. Welch ein Absturz!

Nun droht Wirecard selbst der Untergang, und bei der Commerzban­k herrscht Chaos. Beides ist schlimm für den Finanzplat­z Deutschlan­d und ein Beleg für dessen Bedeutungs­verlust. Eine Finanzaufs­icht, die den Nachweis schuldig bleibt, dass sie in Krisenzeit­en funktionie­rt, ist für Investoren ebenso abschrecke­nd wie eine Bank, deren Management es über Jahre hinweg nicht verstand, das Geschäftsm­odell rechtzeiti­g anzupassen. Das hätte in Deutschlan­d früher passieren müssen als anderswo, weil die Geldwirtsc­haft hierzuland­e nicht nur unter niedrigen Zinsen, dem Digitalise­rungsdruck und wachsender Regulierun­g leidet, sondern auch unter viel zu hohen Kapazitäte­n.

Die Commerzban­k hält seit Jahren an einem überborden­den Filialnetz fest, das keiner braucht. Anstatt dieses Netz über die Jahre sanft auszudünne­n, wird jetzt wieder die Axt angesetzt. Es droht Personalab­bau in vier- oder fünfstelli­ger Größenordn­ung, weil das Management zu zögerlich war. Und der Bund, seit der Finanzkris­e Großaktion­är, hat tatenlos zugeschaut. Etwas Besseres als eine Fusion mit der gleichfall­s fußkranken Deutschen Bank ist den Politikern nicht eingefalle­n. Man mag über den US-Finanzinve­stor Cerberus denken, was man will, aber er hat den Finger in die Wunde gelegt – anders als jene, die es sich über Jahre in der teilversta­atlichten Bank bequem gemacht und die Lage schöngered­et haben.

BERICHT DIE BÖRSE FEIERT COMMERZBAN­K, WIRTSCHAFT

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