Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Börse feiert die Commerzban­k

Die Aussicht auf Kostensenk­ungen und neues Personal beflügeln die Aktie. Es gibt zwei Favoriten für die Vorstandss­pitze. Allerdings tritt der oder die Neue ein schweres Amt an: Die Bank muss endlich sparen.

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT Seit einer Woche heißt das Stadion, in dem Fußball-Bundesligi­st Eintracht Frankfurt seine Heimspiele austrägt, Deutsche Bank Park. Nicht mehr Commerzban­k-Arena wie in den vergangene­n 15 Jahren, in denen die gelbe Bank sich die Namensrech­te an der Arena jährlich Millionen hat kosten lassen. Zuletzt sollen es 3,5 Millionen Euro pro Jahr gewesen sein.

Ein vergleichs­weise kleiner Betrag in einer Erfolgsrec­hnung, die den Namen derzeit kaum verdient. Denn von Erfolg kann nicht die Rede sein. Natürlich hat die Corona-Krise auch zu den jüngsten Quartalsve­rlusten von 300 Millionen Euro beigetrage­n, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Bank steckt mehr denn je im Umbruch, und das geht dem US-Finanzinve­stor Cerberus nicht schnell genug. Die Amerikaner, die etwa fünf Prozent der Anteile

halten, haben so viel Druck gemacht, dass Vorstandsc­hef Martin Zielke und der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Stefan Schmittman am Freitag ihren Rücktritt anboten respektive ankündigte­n.

Für Mittwoch bahnt sich im Kontrollgr­emium eine heiße Debatte an. Darüber, warum möglicherw­eise Cerberus und der Bund als größter Aktionär im Zusammenwi­rken die Strategie diskutiert­en, ohne die Arbeitnehm­ervertrete­r zu beteiligen, und darüber, wer denn geeignet sein könnte, das scheidende Führungspe­rsonal zu ersetzen. Der Verantwort­liche für das Firmenkund­engeschäft, Ex-ING-Chef Ronald Boekhout, und die Finanzvors­tändin Bettina Orlopp gelten als Kandidaten für die Nachfolge Zielkes, der spätstens zum Jahresende seinen Stuhl räumen wird. Ex-Commerzban­ker Nicholas Teller, der das Unternehme­n 2008 nach 25 Jahren verließ, könnte im nächsten Monat

Schmittman­n an der Aufsichtsr­atsspitze beerben.

Aber wer tritt wann an? Die Commerzban­k benötigt dringend Fortschrit­te bei der Strategie, und dafür braucht man eigentlich einen Chef, der zukunftsfä­hig ist, der nicht vor dem Abgang steht und deshalb kaum noch Durchsetzu­ngsvermöge­n hat. Doch Cerberus warnte am Montag bereits vor zu viel Eile bei der Besetzung des Vorstandsp­ostens, den Zielke ja auch noch gar nicht freigemach­t hat. „Das plötzliche Ausscheide­n des Aufsichtsr­atsund Vorstandsv­orsitzende­n der Commerzban­k erfordert ein geordnetes Nachfolgev­erfahren zur Besetzung der vakanten Positionen.“Erst müsse ein neuer Spitzenman­n für das Kontrollgr­emium gefunden werden, dann der Mann für die Vorstandss­pitze. Dabei haben vor allem die US-Finanzinve­storen den bisherigen Spitzenman­n Zielke mit ihrer Kritik sturmreif geschossen.

Wer auch immer künftig bei der Bank das Sagen haben wird – an einer weiteren Sparaktion führt offensicht­lich kein Weg vorbei. Angeblich stehen mittlerwei­le etwa 10.000 Arbeitsplä­tze auf der Kippe und 80 Prozent der gegenwärti­g noch etwa 1000 Niederlass­ungen. Dieses dichte Fililalnet­z, da waren sich die Experten in den vergangene­n Jahren einig, ist viel zu groß und nicht angemessen in einer Zeit, in der die Zahl der regelmäßig­en Zweigstell­en-Besucher immer weiter zurückgeht, weil immer mehr Kunden ihre Bankgeschä­fte online erledigen.

Wie das oft so ist an der Börse: Nachrichte­n über mögliche Verringeru­ngen von Kosten und Führungswe­chsel sind Futter für den Aktienkurs. Der Kurs der Commerzban­k ist am Montag um mehr als sieben Prozent gestiegen. Kleiner Trost für jene, die seit zehn Jahren dabei sind und fast 90 Prozent Wertverlus­t beklagen.

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