Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Im Ausnahmezu­stand

Die Infektions­zahlen in der Corona-Pandemie steigen, und die Gesundheit­sämter arbeiten bei der Nachverfol­gung der Kontakte am Limit.

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

Im Kampf gegen die Pandemie stehen die Gesundheit­sämter derzeit besonders im Fokus. Ihnen kommt die wichtige Aufgabe zu, Kontakte von Infizierte­n nachzuverf­olgen, Quarantäne­n auszusprec­hen und damit die Infektions­ketten zu durchbrech­en. Mit den rasant steigenden Infizierte­nzahlen sind viele Ämter jedoch an ihre Grenzen geraten.

In Düsseldorf gibt es 55 Personen, die ausschließ­lich mit der Informatio­n und Beratung der Corona-Fälle beschäftig­t sind. 58 weitere kümmern sich um die Kontaktper­sonen-Nachverfol­gung, darunter 23 externe Kräfte. Der Bedarf werde flexibel der dynamische­n Lage angepasst, heißt es. Bedeutet: Verwaltung­sintern gibt es eine Reserve von Mitarbeite­rn, die notfalls herangezog­en werden können. Momentan sei es noch möglich, Kontaktper­sonen tagesaktue­ll zu informiere­n. Jeder Indexfall komme durchschni­ttlich auf drei Kontakte, die unter die Kategorie eins (hohes Infektions­risiko) fallen, heißt es seitens der Stadt. Diese Personen müssten telefonisc­h benachrich­tigt werden: Im Durchschni­tt sei von 20 Minuten pro Kontakt auszugehen.

Im Rhein-Kreis Neuss sind zurzeit 315 Mitarbeite­r im Corona-Team im Einsatz. Zum Vergleich: In Vor-Corona-Zeiten gehören zum Team Infektions­schutz 15 Personen. Das

Kreisgesun­dheitsamt arbeitet seit Beginn der Pandemie im März an sieben Tagen in der Woche im ZweiSchich­t-Betrieb. Weil der Kreis mit der Nachverfol­gung nicht mehr nachgekomm­en ist, sind seit dem 2. November 40 Hilfskräft­e der Bundeswehr im Einsatz. Die Testkapazi­täten wurden in der vergangene­n Woche im Testzentru­m Neuss aufgestock­t; dort und im Grevenbroi­cher Testzentru­m sind inklusive der durch mobile Teams vorgenomme­nen Untersuchu­ngen nun mehr als 2000 Tests pro Woche möglich.

Im Gesundheit­samt Krefeld sind laut Dezernenti­n Sabine Lauxen derzeit 64 Mitarbeite­r beschäftig­t. Sie arbeiteten an sieben Tagen in der Woche, sagt David Nowak aus dem Geschäftsb­ereich des Stadtdirek­tors, der aktuell den Fachbereic­h Gesundheit bei der Corona-Koordinati­on unterstütz­t. Noch sei die telefonisc­he Nachverfol­gung gewährleis­tet. Kernproble­m seien die Kapazitäte­n der Labore.

Die Mitarbeite­r des Gesundheit­samts Mönchengla­dbach waren bei der Kontaktver­folgung im Oktober laut einem Stadtsprec­her „an ihre Belastungs­grenzen gestoßen“, woraufhin das Team auf 35 Mitarbeite­r und 27 Zusatzkräf­te aufgestock­t wurde. „Das Gesundheit­samt arbeitet die Fälle der Kontaktver­folgungen kontinuier­lich ab, ist allerdings auch von den jeweiligen Ergebnisme­ldungen der Labore abhängig. Hier kann es vorkommen, dass Ergebnisse mit leichtem Zeitverzug eingehen“, sagt ein Stadtsprec­her. Auf die Frage, in welchem Zeitraum Infizierte und Kontaktper­sonen angesproch­en würden, heißt es: „Angestrebt wird eine zeitnahe Kontaktauf­nahme.“

Im Kreis Heinsberg sind die Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes nicht mehr in der Lage, alle Kontakte von positiv getesteten Menschen nachzuverf­olgen. „Nach unseren Erfahrunge­n kommen auf eine einzelne positiv getestete Person bis zu 60 Kontaktper­sonen“, erklärt Landrat Stephan Pusch. Vor diesem Hintergrun­d sei auch die seit Montag gültige Allgemeinv­erfügung erfolgt, wonach sich jeder, der wegen Krankheits­symptomen auf das Coronaviru­s getestet wird, in häusliche Quarantäne begeben muss. Rund 130 Mitarbeite­r, die zum Teil auch aus anderen Bereichen der Kreisverwa­ltung rekrutiert wurden, sind zurzeit für das Gesundheit­samt des Kreises Heinsberg im Einsatz.

„Heute bewältigen wir bis zu 110 Indexfälle täglich“, sagt Lutz Rauscher, Leiter des Fachbereic­hs Gesundheit im Kreis Kleve. Mittlerwei­le sind insgesamt 63 volle Stellen im Einsatz. Das sind nicht nur Mitarbeite­r des Kreises, auch andere Kommunen und die Bundeswehr unterstütz­en die Behörde. Dazu kommen 15 Mitarbeite­r, die zusätzlich aktiv werden können.

In Remscheid klappt die Kontakt-Nachverfol­gung noch, insgesamt arbeiten beim Gesundheit­samt 60 Personen in diesem Bereich. Vier Soldaten helfen dabei, dazu sind vier Soldaten beim mobilen Abstrichte­am eingesetzt. Möglicherw­eise stoßen in den nächsten Tagen weitere Mitarbeite­r aus anderen Behörden hinzu.

Im Kreis Mettmann müssen sich potenziell Infizierte seit dem 11. November selbststän­dig in Quarantäne begeben. „Aufgrund der steigenden Fallzahlen ist es zunehmend schwierig, zeitnah Quarantäne für positiv Getestete und deren Kontaktper­sonen auszusprec­hen“, erklärt Kreissprec­herin Daniela Hitzemann. Zuvor hatten sich die Mitarbeite­r des Kreises noch um jeden Einzelfall gekümmert und die Kontaktper­sonen informiert. Das gehe nicht mehr.

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FOTO: GOTTFRIED EVERS Rene Barz, Frank Beiersdorf­f, Lutz Rauscher und Julia Groesdonk (v.l.) arbeiten im Kreisgesun­dheitsamt in Kleve.

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