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Das Land der Pandabären
In der chinesischen Provinz Sichuan, an der Grenze zu Tibet, leben noch immer zahlreiche der seltenen Pandabären. Besonders nah können Menschen ihnen in der Hauptstadt Chengdu kommen.
Wen Wen sitzt breitbeinig auf einem Bambuspodest und schmatzt. Auf seinem flauschigen Bauch liegt ein Haufen Bambusschösslinge. Der junge Pandabär wühlt mit seinen Pfoten durch die Sprossen. Er greift sich eine heraus, zieht deren Schale mit den Zähnen ab und lässt diese gelangweilt zurück auf den Haufen fallen. Dann lehnt er sich zurück, streckt die Beine von sich und beißt genüsslich in den Trieb. Die Szene in Chengdus Research Base of Giant Panda Breeding lässt menschliche Beobachter angesichts der Gelassenheit des Bären schmunzeln.
Chengdu ist die Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan. Mit 82 Millionen Einwohnern leben in der Provinz im Westen Chinas fast genauso viele Menschen wie in der Bundesrepublik. Atemberaubende Landschaften und eine fantastische Tierwelt sind hier genauso zu finden wie spannende Traditionen und moderne Städte. Allen voran die 14-Millionen-Metropole Chengdu. Die Stadt ist berühmt für zwei Superlative: den Konsumkomplex New Century Global, der als größtes Gebäude der Erde gilt, und die Forschungsstation zur Aufzucht des Großen Pandas, dem weltweit größten Öko-Park für Pandabären. Gut 180 Riesenpandas, davon mehr als elf Neugeborene in den vergangenen Jahren, wilde Bambuswälder und Höhlen, die den Tieren ein Leben wie in freier Natur ermöglichen, sowie Bruträume, in denen man den nackten Nachwuchs beobachten kann, lockten vor der Corona-Pandemie die Besucher an.
In China ist der Panda ein Nationalsymbol, die Volksrepublik das einzige Land auf der Welt, in dem das Tier noch in freier Wildbahn existiert. Als die Regierung vor 25 Jahren ein Schutzprogramm für den gefährdeten Großen Panda auflegte, entstanden rund 40 Reservate auf mehr als 10.000 Quadratkilometern. Im Norden der Provinz Sichuan
liegt eine der Regionen, in der Pandas geschützt in Freiheit leben. In den Min Bergen der Aba Tibetischen Autonomieregion erstreckt sich der Jiuzhaigou-Nationalpark auf 720 Quadratkilometern. Die Natur hat hier im Laufe von Jahrtausenden eine Märchenlandschaft erschaffen. Spektakuläre alpine Berge ragen aus schattigem Bergnadelwald, Wasserfälle und Kalkterrassen schmiegen sich in den Urwald. Verwunschene Seenlandschaften prahlen mit klarem Wasser, das so türkisfarben leuchtet, als hätte jemand Tuschefarbe hineingekippt. Kalk und Algen sorgen für die außergewöhnlichen Farbnuancen in den zwei Dutzend Seen, die über hölzerne Wanderwege miteinander verbunden sind.
Schon vor 35 Jahren erkannte die chinesische Regierung die Bedeutung dieses Naturwunders und stellte das Gebiet unter Schutz, auch um eine weitere Abholzung zu vermeiden. Das Unesco-Weltnaturerbe
Jiuzhaigou, das übersetzt Neun-Dörfer-Tal heißt, ist eines der Highlights der Provinz Sichuan, das stets den Launen der Natur unterworfen ist. 2018 flutete starker Regen den Park, 2017 erschütterte ein Erdbeben
Anreise
Zum Beispiel mit KLM ab Düsseldorf über Amsterdam nach Chengdu (ab 530 Euro, www.klm. de) oder mit Turkish Airlines über Istanbul nach Peking (ab 765 Euro, www. turkishairlines.com) und weiter per Schellzug nach Chengdu (ab 111 Euro, 14 Stunden)
Einreise
Benötigt wird ein Visum, das beim Chinese Visa Application Service Centre (www. visaforchina.org) zu beantragen ist. Es kostet 60 Euro zuzüglich Servicegebühr. Bei der Einreise ist ein mindestens sechs Monate gültiger Reisepass vorzulegen sowie in der Regel ein Hotelnachweis und ein Rückoder Weiterreiseticket.
Corona
Das Auswärtige Amt rät derzeit von nicht notwendigen, touristischen Reisen nach China ab. Es bestehen Einschränkungen des Flugverkehrs. Bei der Einreise nach China muss eine umfangreiche Gesundheitserklärung eingereicht werden. Es gilt eine Maskenpflicht. In Nationalparks und Sehenswürdigkeiten ist eine Voranmeldung nötig.
Auskünfte
Fremdenverkehrsamt der Volksrepublik China in Deutschland, Telefon 069 520135, www.china-tourism.de
das Zentrum des Nationalparks und riss eine Erdspalte in den Sparkling Lake, sodass sein türkisfarbenes Wasser auslief. Doch die chinesischen Verantwortlichen und die rund 1000 Tibeter in den sieben verbliebenen Parkdörfern sind regenund erdbebenerprobt. Bereits zehn Jahre zuvor hatten sie umfangreiche Reparaturarbeiten geleistet.
Der Westen Sichuans war schon immer das Tor nach Tibet, die Bezirksstadt Kangding eine historische Grenze. Hier, wo eine Seilbahn auf den 5000 Meter hohen spirituellen Paoma Berg gondelt, handelten die Chinesen jahrhundertelang mit gepressten Teeziegeln und tauschten sie gegen tibetische Wolle. Heutzutage treffen sich die Einwohner auf dem Peoples Square zu Tai Chi, drehen goldfarbene Gebetsmühlen, die so groß sind wie Litfaßsäulen, und beten gemeinsam mit rot gewandeten Mönchen in dem buddhistischen Kloster aus dem 17. Jahrhundert.
Nur ein paar Kilometer weiter führen die schneebedeckten Berge durch das weiße Wunderland von Tagong immer tiefer ins einstige Tibet, während im Danba-Tal Hunderte bunter Häuser zwischen Apfel- und Walnussbäumen die terrassenartigen Berghänge sprenkeln. Vor 15 Jahren waren die isolierten Dörfer noch vom Tourismus unberührt, die meisten Tibeter Kleinbauern. Heute vermieten sie Zimmer an Touristen und nehmen Eintritt für den Dorfbesuch. Der Atmosphäre tut das keinen Abbruch, entführen die zweistöckigen rot-weißen Steinhäuser mit ihren bunt verzierten Fenstern und Türen doch in eine andere Welt. Kein Auto weit und breit. Stille. Nur der Fluss im Tal rauscht vor sich hin. Im 150-Seelen-Dorf Jiaju hocken alte Frauen auf den Flachdächern und ziehen Chilis auf Schnüre. In Suopo ragen schmale Türme aus fast allen Häusern 30 Meter in den Himmel. „Ob es sich bei den tausendjährigen Relikten um ehemalige Wachtürme handelt oder um Schlote zur Dämonenvertreibung erinnert niemand mehr so genau“, sagt Dorfbewohnerin Tsering und blickt auf das Foto eines Pandabären auf der bunten Kommode in ihrem Hauptraum. Der ist in tibetischen Häusern Wohn-, Schlaf- und Esszimmer in einem, während im Erdgeschoss darunter die Yaks um die Wette schnaufen.