Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Winterurlaub mit Risiko
Die Corona-Krise bedroht die Skisaison. Reisende sollten mit Herbergen Rücktrittsoptionen aushandeln, so ein Anwalt.
DÜSSELDORF Zuerst fielen im Sommer und Herbst massenhaft Reisen nach Spanien, Italien und Frankreich wegen der Pandemie aus, jetzt ist auch der Winterurlaub bedroht durch die vielen Infektionen in ganz Europa. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt darauf, die Skigebiete in den Alpen zu schließen.
„Das sind ja schon wieder traurige Aussichten“, sagt Ute Dallmeier, Geschäftsführerin des First Reisebüros in Mönchengladbach. Sie selbst hofft auf eine Reise nach Südtirol, doch alles ist ungewiss: „Ich weiß nicht, ob das Hotel wieder öffnet und was die italienische Regierung macht. Und die deutschen Quarantäne-Regeln könnten einem auch die Fahrt verleiden.“
Dabei ist die Lage mehrfach schwierig. Schon jetzt hat das Auswärtige Amt nicht nur die Schweiz und Italien, sondern auch alle Regionen Österreichs mit Ausnahme der Gemeinden Jungholz und Mittelberg/Kleinwalsertal
zu Risikogebieten erklärt, weil die Infektionszahlen zu hoch sind. Damit steht laut Bundesregierung eigentlich fest, dass Reisende nach ihrer Rückkehr in eine zehntägige Quarantäne müssen.
In NRW ist die Lage komplizierter, weil das Oberverwaltungsgericht Münster Teile der Corona-Schutzverordnung außer Kraft gesetzt hat. Damit gilt aktuell landesweit keine Pflicht zur Quarantäne, doch örtlich kann sie laut Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales verordnet werden.
Pauschalurlauber können mit der Unsicherheit gut umgehen. Denn sofern es Reisewarnungen für eine Region gibt, wird die Buchung von den Veranstaltern storniert, was für Ute Dallmeier zutreffen könnte: „Ich habe über Tui eine kombinierte Reise von Hotel und Verpflegung gebucht. Wenn die Reisewarnung bestehen bleibt, wird storniert,und ich erhalte das Geld zurück.“
Anders ist die Lage, wenn ein Urlauber eine Ferienwohnung oder ein Hotel einzeln und direkt gebucht hat. Innerhalb Deutschlands, meint der Bundesverband der Verbraucherzentralen, könnten Kunden eine kostenfreie Stornierung verlangen, sofern sie ein Ziel wegen einer Reisebeschränkung durch den Staat nicht erreichen könnten. Das ist im Moment die Lage.
Schwieriger ist es oft im Ausland. „Man sollte sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Hauses anschauen“, rät Robert Bartel, Reiserechtsexperte bei der Verbraucherzentrale Brandenburg. Im Zweifelsfall sollten Kunden verhandeln: „Oft kennen sich Vermieter und Skiurlauber ja schon lange. Dann kann man die Buchung eventuell auf den nächsten Winter verschieben.“
Gute Chancen auf eine Rückerstattung von Anzahlungen sieht das von der EU finanzierte Europäische Verbraucherzentrum für Österreich und Italien: Wenn eine Anreise zu einer Unterkunft unmöglich sei, müsse das Geld bezahlt werden. Man kann sich mit dem Hotel auch darauf einigen, eine Entscheidung über die Anreise erst einmal zu verschieben, weil die Lage sich im Februar/März/April noch bessern könne. Bartel sagt: „Derjenige, der neu bucht, sollte sich eine Rücktrittsoption in den Vertrag schreiben lassen. Ich vermute, das werden viele Herbergen mitmachen, weil sie froh sind über jeden Gast.“
Das bestätigen Angebote. So werben viele Pensionen oder Apartmenthäuser in Ischgl mit kostenlosen Absagemöglichkeiten. In Gaschurn (Voralberg) gibt es eine „Corona-Geld-zurück-Garantie“, die bis zehn Tage vor Anreise einen kostenfreien Rücktritt erlaubt, falls das Skigebiet geschlossen wird oder Deutschland eine Reisewarnung ausspricht. Es wird sogar versprochen, dass das Geld in zehn Tagen zurückgezahlt wird. Spanien-Urlauber in Deutschland hatten sich dieses Jahr monatelang mit Tui und Co. herumärgern müssen, bis sie ihre Einzahlungen zurückerhielten.
Jurist Bartel rät dazu, Skikurse und Skipässe nicht zu buchen, um keinen Verlust zu riskieren. Dass man vorsichtig sein muss, zeigt der Engadin. Die Region im Süden der Schweiz weist auf ihrer Internetseite daraufhin, gebuchte Skipässe würden nicht erstattet, falls Reiseverbote die Ankunft verhinderten.
Après-Ski-Partys sind in allen Wintersportregionen nach dem Desaster in Ischgl sowieso verboten. Für anreisende Urlauber sieht Tourismusexpertin Dallmeier aber auch Chancen: „Es wird so leer sein auf den Pisten wie seit Jahren nicht.“