Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Neue Staffel setzt auf starke Figuren
Seit Mittwoch gibt es neue Folgen der Science-Fiction-Serie „The Expanse“.
In der fünften Staffel rudert „The Expanse“zurück: Standen zuletzt Probleme in der fernen Kolonie Ilos im Mittelpunkt, geht es nun zurück in unser Planetensystem. Um den Charakteren mehr Raum zu lassen, trennt sich die Mannschaft des legendären Raumschiffs „Rocinante“, kurz „Roci“: Das muss ohnehin überholt werden, und der Held der vergangenen Staffeln, James Holden, bleibt folgerichtig auf ihm zurück. Zumal seine Geliebte und Erste Offizierin Naomi ihn bei der Suche nach ihrem Sohn Felip ausschließt. Wie sich bereits abzeichnete, macht sie sich alleine auf den Weg. Und der stets gewaltbereite Cheftechniker Amos muss sich um Angelegenheiten auf der Erde kümmern.
Diese Trennung des Teams gibt einigen Figuren die Chance, über sich hinauszuwachsen. Vor allem jenen, die bislang ein wenig im Schatten der Ereignisse standen. Denn natürlich läuft nichts so, wie es sich die Charaktere vorgestellt haben. Der Konflikt zwischen Erde, Mars und den Gürtlern, den Bewohnern des Asteroidengürtels und der äußeren Planeten, eskaliert erneut. Nachdem sich die Spannungen scheinbar etwas gelegt hatten, flammen sie wieder auf. Die Ursache ist der unterschätzte Pirat und Glücksritter Marco Inaros. Der entpuppt sich als gefährlicher Extremist, der mit aller Macht die entrechteten Gürtler befreien und aus dem Griff von Mars und Erde lösen möchte.
„Er wird nicht für dich sterben, aber er möchte, dass du für ihn stirbst.“Dieser Satz von Naomi fasst den Charakter von Inaros zusammen. Sie kennt ihn nur zu gut: Er ist der Vater ihres Sohnes Felip, den er ihr vor Jahren weggenommen hat, als sie ihm nicht mehr folgen wollte. Das gibt Naomis Darstellerin Dominique Tipper die Chance, die Stärken und Schwächen ihres Charakters zu ergründen: Wir erfahren mehr über ihre Vergangenheit und über Inaros. Der ist eine der faszinierendsten Figuren in einer TV-Serie seit Langem. Nach einer mitreißenden Rede möchte man ihm sofort folgen – wenn nicht so viel Blut an seinen Händen kleben würde.
Natürlich ist „The Expanse“keine reine Charakterstudie. Doch Effekte und Action werden eher spärlich und sehr gezielt eingesetzt. Und es sind tatsächlich einige gewaltige Dinge, die passieren und das Machtgefüge im Sonnensystem zu zerreißen drohen. Das ist aber stets geschickt verwoben mit den Schicksalen der Figuren. Trotz aller großen Ereignisse geht es generell gesetzter zu. Tatsächlich wäre es einfacher gewesen, alles unter einem Actionfeuerwerk zu begraben. Aber eben das haben die Macher vermieden. Das Ergebnis ist eine der innigsten Erzählungen bislang in „The Expanse“. Und nach wie vor besticht die Serie mit einer realistischeren Darstellung von Raumfahrt als in vielen anderen Science-Fiction-Reihen. Die Welt wirkt nicht abgehoben, sondern verwurzelt in unserer Gegenwart.
Am Ende gibt es sogar noch einen kleinen Ausblick auf die sechste und letzte Staffel – als James Holden davor warnt, dass nicht alles aus der Vergangenheit auch tatsächlich vergangen ist.