Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Frischer Wind für „Riviera“
Die neue Staffel der Glamour-Serie spielt in den Armenvierteln Argentiniens.
Dass Reichtum allein nicht glücklich macht, ist eine Trost-These, die schon für zahlreiche Film- und Fernsehproduktionen als Treibstoff diente. Das Spektrum reicht von der kultivierten „Buddenbrooks“-Verfilmung über „Dallas“und „Denver-Clan“bis hin zum aktuellsten High-Society-Crime-Drama „The Undoing“. Die dreckigen Geschäfte und geschwärzten Seelen der Reichen und Schönen beleuchtete auch die Sky-Erfolgsserie „Riviera“über zwei Staffeln hinweg.
Nach der Grundidee des Oscar-Preisträgers Neil Jordan, der sich schon bald vom Endprodukt distanzierte, wurde im südfranzösischen Millionärsmilieu eine Seifenoper in Szene gesetzt, die als Mischung aus Familienmelodram, Kriminalthriller und Wohlstands-Voyeurismus die Unterhaltungsinstinkte auf das Beste bediente. Über 20 Episoden durchforstete Julia Stiles („Bourne“-Trilogie) als Kunstkuratorin die korrupte Welt der Superreichen an der Côte d’Azur und ließ ihre Figur von der naiven Frühwitwe zur patenten Wahrheitsfinderin reifen. Nun lässt ihre Georgina den angeheirateten Clios-Clan, dessen familiäre Dysfunktionalität sich in den ersten beiden Staffeln entfaltete, weit hinter sich.
Die Kunsthistorikerin spürt jetzt mit dem britischen Kollegen Gabriel Hirsch (Rupert Graves) NS-Raubkunst auf, um sie den Eigentümern zurückzuführen. Ein Auftrag führt beide nach Venedig, über verschlungene Recherchen zurück an die Côte d’Azur zu alten Bekannten und neuen Widersacherinnen und schließlich nach Buenos Aires, wo ein Bürgermeister mit zwielichtigen Methoden seine Wiederwahl erzwingen will und ein Pharmakonzern für seine Medikamentenentwicklung über Leichen geht.
Mit dem Umzug nach Argentinien verlässt die Serie ihr Wohlstands-Biotop und begibt sich zunehmend auch in die Armenviertel der Hauptstadt. Das bringt frische Luft in die Staffel und ändert auch den Antrieb der Heldin, die nicht mehr nur in eigener Sache, sondern aus einem moralischen Verantwortungsgefühl heraus agiert.
Julia Stiles spielt die kühne Ermittlerin, die keiner Konfrontation aus dem Weg geht, mit bodenständiger Intelligenz. In brenzligen Situationen nimmt ihre Figur die High Heels in die Hand und läuft den Schurken barfuß davon. Ihrem männlichen Kollegen ist sie oft einen halben Schritt voraus und befreit den gefesselten Gabriel aus der Geiselhaft. Stiles und Graves ergeben ein erfrischend unkonventionelles gemischtes Doppel, das so manche Drehbuchschwäche souverän überspielt.
Wie in den Vorläuferepisoden gehört Plausibilität auch in der dritten Staffel nicht zu den Kernkompetenzen des Unternehmens, das nun deutlich mehr auf die Thriller-Aspekte setzt und den Seifenoperanteil herunterdimmt. Mit halbspektakulären Action-Sequenzen, wendungsreichem Plot und zahlreichen Cliffhangern unterhält das „Riviera“-Reboot auf durchaus zünftige Weise, ruft aber nicht zwingend nach einer vierten Staffel.