Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wie der Zoo Tieren die Langeweile nimmt
Keine Besucher mehr, kein Besucherfutter. Das Team um Tiergartenleiterin Katrin Ernst sorgt für originelle Beschäftigungsprogramme.
MÖNCHENGLADBACH Tierpflegerin Carolina Lettieri hat verschiedene Boxen- und Rohrsysteme entwickelt. Mit Futter als Motivator und Belohnung für die Tiere befüllt, stellt sie die Geräte in den Gehegen auf. „Die Tiere müssen etwas dafür tun, um an die Leckereien zu kommen. Das aktiviert ihre natürlichen Fähigkeiten, beschäftigt sie und nimmt ihnen den Stress, der durch Langeweile entstehen kann“, sagt Lettieri. „Enrichment“nennt das die Fachwelt, und wenn man dem Treiben der Kapuzineraffen zusieht, wird der Begriff unmittelbar verständlich.
Die Affen Frechdachs wird seinem Namen gerecht. Er wartet erst gar nicht, bis Lettieri die vier Rohre des Holzrades mit Futter befüllt hat, sondern bedient sich direkt aus der Futterdose der Tierpflegerin. Für die anderen Kapuzineraffen gestaltet sich der Broterwerb schwieriger. Sie müssen erst lernen, am Rad zu drehen, bis die Rohre sich neigen und Futter herausfällt. „Das ist der erste Schritt dieses Beschäftigungsprogramm“, erklärt Ernst: „Haben die Tiere gelernt, dieses Gerät zu nutzen, stellen wir ein neues auf, dessen Bewältigung eine höhere Herausforderung für sie ist. Indem wir die Tiere fordern, fördern wir sie. Wir bauen die Leistungskurve langsam auf, erinnern aber auch immer wieder an bereits Gelerntes.“An einem neuen System arbeitet Lettieri gerade. Es ist eine bis auf einen schmalen Spalt am Boden geschlossene Holzbox, in die Futter gegeben wird. Die Affen werden lernen, ein Stöckchen durch diesen Spalt zu schieben, um an ihr Futter zu kommen. In einem weiteren Schritt wird ihnen kein Stöckchen mehr gereicht, so dass sie sich ihren Schlüssel zum Futterglück selbst suchen müssen. „Zu diesen kognitiven Leistungen sind Affen durchaus fähig“, sagt Lettieri.
Die Otter Einen anderen Boxentyp haben die Otter vor der Brust. In der geschlossenen Kiste wartet zwischen Steinen versteckt Futter auf sie. Um daran zu kommen, müssen sie ihre Pfoten passgenau in die Löcher des Boxendeckels führen. Die Löcher wird Lettieri mit jeder neuen Kiste kleiner stanzen. „Wir fördern damit das angeborene Verhalten von Ottern, an steinigen Flussufern nach Nahrung zu suchen“, erklärt die Tierpflegerin.
Die Zebramangusten Für die afrikanische Raubtierart steht zurzeit ein Rohrsystem auf dem Programm, das sich dreht, wenn die Tiere ihre Füße daraufsetzen. Die Belohnung für ihre Mühen fällt beim Drehen heraus: Mehlwürmer, für Mangusten eine Köstlichkeit. Zug um Zug wird Lettieri die Höhe der Rohre variieren, damit sich die Tiere nicht nur geistig, sondern auch körperlich nach der Decke strecken.
Die Kakadus Blanca und Thomas lauschen dem Hörspiel „Bibi und Tina“. Dabei wippen sie begeistert im Takt mit. Die beiden Kakadus sind so angetan von den Folgen um die beiden begeisterten Reiterinnen, dass sie nach Tierpflegerin Carolina Lettieri rufen, wenn sie die Inhalte erneut für sie abspielen soll. „Im ersten Lockdown haben wir ‚Benjamin Blümchen‘ angeboten. Das kam auch gut an“, sagt Lettieri.
Die Papageien Etwas Neues muss immer wieder her für die ständig quatschenden, gefiederten Unruhegeister, und das gilt für hörspielverrückte Kakadus genauso für Aras und Graupapageien. Deswegen stehen zahlreiche, ständig wechselnde Obst- und Gemüsesorten auf dem Programm. Um beurteilen zu können, was man davon mag oder nicht, muss man als Papagei erst einmal alles verkosten, und damit verbunden ist Arbeit. Die Beschäftigung mit Gurke und Kiwi ist nicht so beliebt, Paprika, Möhren und Nüsse werden hingegen sehr gerne angenommen. Viel Spielzeug steht auch bereit: Harten Brettchen, die für Vogelschnäbel schwere Arbeit bedeuten, liegen und hängen weichen Korkröhren gegenüber, deren Behacken zu schnellem Erfolg führt. Einmal in der Woche hängt das Team die gesamte Einrichtung um. „Dabei outen sich die Graupapageien als konservativ, sie laufen um die neuen Arrangements erst Tage lang herum, bevor sie das Ganze annehmen, die Aras und Kakadus sind da aufgeschlossener“, sagt Lettieri und lacht. Info Auch wenn der Tiergarten für Besucher geschlossen ist, ist der Shop geöffnet. Weil er wie ein Drive-in angelegt ist, kann man dort sicher einkaufen: neue Jahreskarten, Plüschtiere oder Gesellschaftsspiele. www.tiergarten-moenchengladbach.de