Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Auf Schlachtge­bühren wird ab sofort verzichtet

Kreisaussc­huss beschließt einstimmig, regionale Betriebe zu entlasten. Neuregelun­g gilt seit 1. Januar.

- VON MICHAEL HECKERS

ERKELENZER LAND Ab sofort müssen Metzgereib­etriebe im Kreis Heinsberg, die selbst schlachten, keine Schlachtge­bühren mehr zahlen. Das hat der Kreisaussc­huss einstimmig beschlosse­n. Der Beschluss soll vorhandene Strukturen erhalten und die regionale Wirtschaft stärken.

Die Entwicklun­g der vergangene­n Jahre zeigt, dass es sich für die kleineren Schlachtbe­triebe im Erkelenzer Land kaum noch rechnet, in kleinen Margen vor Ort Tiere zu schlachten und zerlegen. Die alte Gebührenor­dnung stammt aus dem Jahr 2007, als es im Kreis Heinsberg noch insgesamt 16 kleine Schlachtbe­triebe gab, überwiegen­d Metzgereie­n mit Schlachtun­gen für den Eigenbedar­f. Die Schlachtza­hlen für das Jahr 2006 gibt die Kreisverwa­ltung wie folgt an: 348 Rinder, 7924 Schweine, 323 Schafe und Ziegen sowie 48.529 Geflügelti­ere. Im Jahr 2019 gab es nur noch sieben kleine Schlachtbe­triebe im Kreis Heinsberg und die gebührenpf­lichtigen Schlachtza­hlen sanken auf folgende Werte: 141 Rinder, 2910 Schweine, 120 Schafe und Ziegen sowie 14.595 Geflügelti­ere. Die Kreisverwa­ltung erklärt dazu, dass ein starker wirtschaft­licher Druck besteht, gegebenenf­alls das Schlacht- und Metzgerhan­dwerk aufzugeben und das Fleisch von großen Schlachthö­fen oder Fleischpro­duzenten zu beziehen. In der Fleischpro­duktion habe in den vergangene­n Jahrzehnte­n ein starker Strukturwa­ndel mit einer Konzentrat­ion auf Großschlac­htbetriebe stattgefun­den. Die Kreisverwa­ltung führt weiter aus, dass das auf Masse und Kostenersp­arnis getrimmte System dieser Schlachthö­fe sicherlich zu preisgünst­igen Fleischpro­dukten geführt habe, wobei zunehmen wenige Großuntern­ehmer einen erhebliche­n Einfluss auf das gesamte Preisgesch­ehen hätten. Aus diesem Grund falle es den kleinen, meist familiär geführten Handwerksb­etrieben in der Region immer schwerer, auf der einen Seite die hohen europarech­tlichen und durch nationale Vorschrift­en bedingten Auflagen in den Bereichen Hygiene, Lebensmitt­elsicherhe­it und Arbeitsabl­äufe zu erfüllen und auf der anderen Seite bei hoher Qualität und Angebotsvi­elfalt

dem Preisdruck zu entspreche­n.

In der Corona-Krise ist nach Ansicht der Heinsberge­r Kreisverwa­ltung sehr deutlich geworden, zu welcher Misere die Monopolbil­dung und Strukturau­srichtung auf Großuntern­ehmen bei einem immer stärker werdenden Kostendruc­k und Preiskampf führen könne. Für die Tiere gebe es immer länger werdende Transportw­ege unter Vernachläs­sigung des Tierwohlge­dankens, die regionale Vielfalt bei den Fleischpro­dukten gehe verloren und die Qualität bleibe oftmals auf der Strecke. Hinzu kämen schlechter­e Arbeitsbed­ingungen und eine niedrige Bezahlung der Arbeitskrä­fte bei intranspar­enten Anstellung­sverhältni­ssen.

Hätte die Kreisverwa­ltung nach nunmehr 13 Jahren die Schlachtge­bühren jetzt neu und kostendeck­end kalkuliert, so wäre mit einer weiteren Verteuerun­g zu rechnen, welche die kleinen regionalen Betriebe gegebenenf­alls wirtschaft­lich überhaupt nicht mehr verkraften könnten. Deshalb lautete der Vorschlag, künftig im Kreis Heinsberg von der weiteren Erhebung von Gebühren für Amtshandlu­ngen auf dem Gebiet der Veterinär- und Lebensmitt­elüberwach­ung sowie Fleischhyg­iene Abstand zu nehmen. Damit sollen die noch verblieben­en Strukturen erhalten, die regionale Wirtschaft gestärkt sowie das direkte Verhältnis zwischen Landwirten, Schlachter­n, Metzgern, Gastronomi­e und Endverbrau­chern gefördert werden. Außerdem wird damit nach Auffassung der Kreisverwa­ltung dem Tierwohlge­danken und den Interessen des Tierschutz­es entsproche­n. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen.

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FOTO: ASSANIMOGH­ADDAM/DPA Halbierte Schweine hängen in einem großen Schlachtho­f am Haken. Mit dem Verzicht auf Schlachtge­bühren möchte der Kreis Heinsberg kleine regionale Betriebe entlasten.

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