Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Tui-Rettung macht Bauchschmerzen
Im Prinzip ist es vernünftig, wenn der Staat den Tourismuskonzern Tui vor dem Untergang rettet, obwohl Störgefühle angesichts des investierten Betrages von rund 4,3 Milliarden Euro bleiben. Erstens ist es unbestreitbar, dass das Hannoveraner Unternehmen fast nur wegen der Pandemie in Turbulenzen geraten ist; davor blühte das Geschäft. Zweitens würde ein Untergang von Tui viele Tausend Reisebüros und Hotels treffen. Wenn der europaweit wichtigste Anbieter von Pauschalreisen wegfällt, hätten Reisebüros noch weniger zu tun. In Spanien, Griechenland, Italien hätten es Hunderttausende Menschen noch schwerer, wieder in Lohn und Brot zu kommen.
Drittens wären die psychologischen Folgen eines Tui-Zusammenbruchs katastrophal: Es ist schlimm genug, dass der Bevölkerung nun noch viele Wochen lang weitere Lockdowns und Reiseverbote zugemutet werden, auch weil die Politik Impfstoffe zu unentschlossen bestellte. Aber wenn nun auch noch Konzerne zusammenbrechen und Reisen noch schwieriger würden, könnte die Stimmung ganz kippen.
Obwohl es also klug ist, den Konzern durchzufüttern, müssen Fragezeichen gesetzt werden: So hat TuiChef Fritz Joussen zu riskant agiert, indem er immer mehr Hotels und Kreuzfahrtschiffe weit überwiegend mit Fremdkapital finanzierte. Es ist nun also angemessen, dass der Staat sich seine Kredite mit im Schnitt rund sieben Prozent saftig verzinsen lässt. Berlin geht ins Risiko, dafür muss Tui zahlen. Erst recht ist nur fair, dass der Staat ein Viertel der Tui-Aktien zum Billigpreis von nur einem Euro pro Papier erhält: Ohne Staatshilfe gäbe es keine Tui mehr, also muss der Staat von einer denkbaren Erholung der Aktie überproportional profitieren. Die Alt-Aktionäre wie auch ein russischer Milliardär werden zwar benachteiligt, aber ohne Steuergeld wären sie ihr Kapital ganz los.
BERICHT STAAT DARF BEI TUI BILLIG EINSTEIGEN, WIRTSCHAFT