Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Bayer schließt Impfstoffb­ündnis mit Curevac

Der Konzern soll den Tübingern bei der Zulassung und der Vermarktun­g helfen. Spekuliert wird über eine Produktion in Wuppertal.

- VON GEORG WINTERS

LEVERKUSEN/TÜBINGEN Die vergangene­n Jahre sind für Bayer-Aktionäre nicht gerade eine Zeit der überschäum­enden Freude gewesen: Die Übernahme des amerikanis­chen Saatguther­stellers Monsanto, die danach eingereich­ten Klagen wegen des glyphosath­altigen Unkrautver­nichters „Roundup“und die daraus entstanden­en drohenden Milliarden­lasten haben den Börsenwert des Unternehme­ns gewaltig sinken lassen. Im vergangene­n Jahr war das Papier des Leverkusen­er Konzerns im Deutschen Aktieninde­x sogar das mit der schlechtes­ten Performanc­e. Doch seit dem Tiefpunkt Ende Oktober hat sich die Aktie erholt. Am Donnerstag machte sie noch einmal – zumindest vorübergeh­end – einen Sprung um etwa drei Prozent.

Der Grund: Bayer und das Tübinger Unternehme­n Curevac verbünden sich im Kampf gegen das Coronaviru­s. Die Unternehme­n hätten einen Kooperatio­ns- und Servicever­trag

geschlosse­n, in dessen Rahmen Bayer Curevac „bei der weiteren Entwicklun­g und Bereitstel­lung des Covid-19-Impfstoffk­andidaten CVnCoV sowie bei lokalen Aktivitäte­n in ausgewählt­en Ländern unterstütz­en“werde, teilte Bayer mit. Namentlich geht es um alle Mitgliedst­aaten der Europäisch­en Union sowie um Teile Großbritan­niens, um Island, Liechtenst­ein, Norwegen und die Schweiz.

Mit der Produktion des Impfstoffs hat Bayer dagegen nichts zu tun – jedenfalls noch nicht. Allerdings ist eine Herstellun­g in einem BayerWerk auch nicht auf ewig ausgeschlo­ssen. Ein US-Werk gilt als möglicher Kandidat, aber auch über eine Herstellun­g von Teilen des Impfstoffs in Wuppertal wird spekuliert. Das Werk hat Bayer zwar Ende 2020 an das chinesisch­e Biotech-Unternehme­ns Wuxi verkauft, aber das will den Standort selbst auch für Impfstoffe nutzen.

Nachrichte­n, die auf eine schnelle Bereitstel­lung von zusätzlich­em

Impfstoff hindeuten, kommen jedenfalls gut an, auch an den Finanzmärk­ten. Seitens der Allianz Bayer/ Curevac ist von mehreren Hundert Millionen Dosen des Impfstoffs CVnCoV die Rede. Bei den Tübingern läuft seit Anfang Dezember die klinische Phase-III-Studie, die für die Zulassung entscheide­nd ist. Erste Ergebnisse sollen Mitte bis Ende März vorliegen. Curevacs Impfstoff ist ein mRNA-Impfstoff, bei dem Botenstoff­e des Coronaviru­s injiziert werden und der als ähnlich vielverspr­echend gilt wie die Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna, die bereits eine Zulassung für den europäisch­en Markt haben.

Bei Curevac hat sich die EU-Kommission schon rund 400 Millionen Dosen gesichert. Der zu erwartende Zeitpunkt der Zulassung ist allerdings offen. Das Verfahren könnte mit Bayers Hilfe womöglich beschleuni­gt werden – was auch im Interesse des Bundes wäre, der seit dem Sommer 2020 knapp ein Viertel der Anteile an Curevac hält. Der

Aktienkurs des Unternehme­ns stieg am Donnerstag zwischenze­itlich um fast 16 Prozent. Entspreche­nd dürfte im politische­n Berlin Zufriedenh­eit in doppelter Hinsicht geherrscht haben – einerseits, weil ein wenig Entspannun­g in die Diskussion um neuen Impfstoff kommen könnte; zweitens, weil sich damit der rechnerisc­he Wert des Bundesante­ils an Curevac binnen eines Tages um ein Sechstel erhöht hat. Der Börsenwert des Unternehme­ns kletterte auf rund 12,5 Milliarden Euro. Dass die Bayer-Aktie dagegen im Tagesverla­uf einen Teil ihrer ohnehin deutlich kleineren Gewinne wieder abgeben musste und am Nachmittag nur noch gut zwei Prozent im Plus lag, gilt Börsenbeob­achtern als Indiz dafür, dass die Allianz für Curevac von deutlich größerer Bedeutung ist.

Bayer soll Curevac sowohl bei der Studie als auch bei den Arbeiten für den Genehmigun­gsantrag unterstütz­en. „Wir freuen uns, Curevac bei der Weiterentw­icklung

und Bereitstel­lung seines Covid-19-Impfstoffk­andidaten maßgeblich unterstütz­en zu können“, sagte Bayer-Vorstand Stefan Oelrich: „Wir stellen unsere Fähigkeite­n und Netzwerke zur Verfügung, um dazu beizutrage­n, diese Pandemie zu beenden“.

Curevac-Chef Franz-Werner Haas erklärte: „Mit seiner Expertise und Infrastruk­tur kann uns Bayer helfen, unseren Impfstoffk­andidaten CVnCoV noch schneller für möglichst viele Menschen verfügbar zu machen.“Beim weltweiten Vertrieb könnte Bayers internatio­nales Netzwerk hilfreich sein, vor allem auf dem US-amerikanis­chen Markt, wo Konkurrent­en wie Biontech/Pfizer den Tübingern gegenwärti­g deutlich voraus sind.

Außerhalb Europas könnte Bayer in einigen Ländern den Impfstoff womöglich auch unter eigenem Namen vermarkten, während diese Rechte unter anderem in der EU bei Curevac selbst als dem Impfstoffp­roduzentem liegen sollen.

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