Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Viele ältere Hausärzte gehen bald in Ruhestand
Mag es sich beim Vereinbaren eines Termins mitunter anders anfühlen: Mit niedergelassenen Ärzten ist Mönchengladbach besser versorgt als manch andere Kommune. In einigen Jahren dürfte es jedoch erheblich weniger Hausärzte geben als heute.
MÖNCHENGLADBACH Von Ärzten umzingelt – so würde sich der Mönchengladbacher wohl fühlen, wenn er sich auf den Alten Markt stellte und den Blick über alle Arztpraxen im Umkreis von zehn Kilometern schweifen lassen könnte: 1264 Adressen von niedergelassenen Ärzten weist eine Suchmaschine auf den Internetseiten der AOK Rheinland/ Hamburg aus, sofern man 41061, die Postleitzahl von Gladbach-Mitte, und den entsprechenden Suchradius wählt. Der reicht zwar über die Stadtgrenze bis nach Wegberg, Viersen, Willich, Korschenbroich und Jüchen. Doch auch ein Blick alleine aufs Mönchengladbacher Territorium zeigt: Die Stadt ist mit niedergelassenen Medizinern relativ gut versorgt – noch.
Versorgungsdichte 233 ambulant tätige Ärzte pro 100.000 Einwohner wies im Januar 2020 der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) in einem Regionalatlas für Mönchengladbach aus, erheblich weniger als die landesweiten Spitzenreiter Bonn (357) und Münster (291), doch auch fast doppelt so viele wie in den Kreisen Kleve (122) und Olpe (124). Ein Vergleich mit diesen Schlusslichtern der NRW-weiten Bilanz ist aber nicht ganz fair. Denn es handelt sich um ländliche Regionen, denen es generell schwerer fällt, niederlassungswillige Ärzte anzulocken als Städten. Der PKV-Atlas sortiert denn auch die Daten nach drei Regionstypen und ordnet Mönchengladbach den städtischen Regionen zu. In dieser Gruppe liegt es gleichauf mit dem Nachbarn Krefeld (239), nicht allzu weit weg von Köln (253) und vor Städten wie Bochum (205), Dortmund (169) und Oberhausen (158). Interessant ist ein Vergleich mit Gelsenkirchen: Diese Stadt hat mit 262.500 Einwohnern eine genauso große Bevölkerung wie Mönchengladbach, aber eine erheblich geringere Ärztedichte von nur 167 pro 100.000 Einwohnern.
Die Fachrichtungen Der PKV-Regionalatlas schlüsselt seine Daten nicht nach Fachrichtungen auf. Aufgrund von Daten, die die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) veröffentlicht, lässt sich jedoch sagen: Auch was Verteilung auf und Zahl der Ärzte in den einzelnen Fachgruppen angeht, steht Mönchengladbach nicht schlecht da. Zumindest nicht nach den Maßstäben, die ein gemeinsamer Landesausschuss von Ärzten und Krankenkassen anlegt. Der setzt für Regionen fest, wie viele Ärzte einer Fachrichtung, die ihre Dienstleistungen mit den Krankenkassen abrechnen können, sich an einem Ort niederlassen dürfen.
Laut Beschluss vom September 2020 war demnach in Mönchengladbach Platz für einen neuen Augenarzt, zwei neue Kinderärzte und statistisch ermittelte 2,5 Neurologen. Die vertragsärztliche Niederlassung etwa als Chirurg, Orthopäde, Frauenarzt, Hautarzt, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Urologe, Psychotherapeut und Nervenarzt war gesperrt. Seltener in Anspruch genommene Spezialisten wie Nuklearmediziner, Strahlentherapeuten, Humangenetiker, Laborärzte, Pathologen und Transfusionsmediziner
waren im gesamten Bereich der KVNo – die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln – gesperrt. In diesem Gebiet waren rechnerisch 1,5 Plätze für Neurochirurgen zu besetzen, im Raum Düsseldorf gab es auch keine freien Plätze für Anästhesisten, Fachinternisten, Radiologen sowie Kinderund Jugendpsychiater.
Die Hausärzte Auch in dieser Sparte steht Mönchengladbach derzeit mit einer Versorgungsquote von etwa 109 Prozent noch relativ gut da. Der Landesausschuss hat die Niederlassung als Vertragsarzt in diesem Segment im Herbst noch gesperrt. Das dürfte sich ändern. „Es zeichnet sich ab, dass in den nächsten fünf Jahren etliche Hausärzte aus Altersgründen ausscheiden werden“, sagt Arno Theilmeier, Vorsitzender der Mönchengladbacher Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV).
Mit einer voraussichtlich abnehmenden Hausarztdichte steht Gladbach aber nicht alleine da, es trifft einer Berechnung der KVNo zufolge so alle Kommunen in NRW, mit Ausnahme von Radevormwald. 2030 wird Mönchengladbach bei Hausärzten demnach nur eine Versorgungsquote von 87,5 Prozent haben – und damit immer noch relativ gut wegkommen. Selbst für eine Stadt wie Gütersloh mit 172.000 Einwohnern wird nur eine Quote von 51,8 prognostiziert, für Gelsenkirchen 61,6 und für Krefeld 85,3.
Das „Hauptproblem“nach Ansicht des Mönchengladbacher Landtagsabgeordneten Jochen Klenner (CDU) ist: „In den vergangenen Jahren sind einfach zu wenig Ärzte ausgebildet worden.“Das wolle die Landesregierung ändern, sagt Klenner, der dem Gesundheitsausschuss des Landes angehört: „Wir steuern nun gegen und haben seit 2017 eine neue medizinische Fakultät in Bielefeld und mehr Studienplätze an der Privatuni Witten/ Herdecke ermöglicht.“