Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Nervös geimpft, beruhigt
Für Pflegerin Bianca Jennen und Heim-Bewohnerin Brigitte Luci war schnell klar: Ich lasse mich impfen. Am Freitag war es so weit.
MÖNCHENGLADBACH Brigitte Luci ist aufgeregt. Sie soll in den nächsten Minuten den neuen Impfstoff bekommen. Endlich gegen das Coronavirus gewappnet – die Impfung macht der 86-jährigen Bewohnerin des Seniorenheims der Sozial-Holding in Hardterbroich Hoffnung. Bis sie an der Reihe ist, dauert es aber noch: Der Impfstoff-Wagen ist im Verkehr aufgehalten worden, kommt nicht ganz pünktlich. Die 86-Jährige sieht das gelassen. Sie sei ja ohnehin den ganzen Tag da, da könne sie auch noch ein paar Minuten warten. „Ich habe mich früher regelmäßig gegen die Grippe impfen lassen, das hat immer gut geklappt. Aber das hier ist ja jetzt neu, da habe ich schon etwas Herzwummern“, sagt Luci. Die Aufregung ist der Seniorin aber nicht anzumerken. Für sie war direkt klar, dass sie sich impfen lassen möchte, sagt sie während der Wartezeit. „Diese Krankheit möchte ich wirklich nicht haben. Ich habe mich sofort angemeldet.“
Auch für Bianca Jennen steht ein Pieks in den Oberarm an. Die Pflegefachkraft hat mit vielen Bewohnern über die Impfung gesprochen, Fragen geklärt, die Aufregung gedämpft. „Die Stimmung ist gut, unsere Bewohner sind alle offen“, sagt sie. Es gebe zwar einige, die sich nicht impfen lassen wollten. „Aber das ist ja auch jedem selbst überlassen.“Am häufigsten machten sich die Bewohner Gedanken über die Nebenwirkungen, berichtet die Pflegefachkraft. Auch sie selbst habe erst gezweifelt, ob sie sich wirklich impfen lassen sollte. „Ich bin etwas nervös“, sagt sie. „Mich hat irritiert, dass der Impfstoff im Vergleich zu anderen sehr schnell zugelassen wurde. Aber nachdem ich mit einer Bekannten gesprochen habe, die sich damit auskennt, war klar, dass ich es mache.“Sie arbeite mit Risikopatienten, auch ihr Vater gehöre dieser Gruppe an. „Da muss man den
Egoismus mal etwas zurückstellen und an andere denken“, sagt Jennen nachdrücklich. Sie ist extra aus ihrem Urlaub gekommen, um die Impfung zu bekommen.
Endlich: Ein Blick aus dem Fenster zeigt, der Impfstoff ist angekommen, sogar schneller als gedacht. Ein Mann trägt eine große Kiste in das Gebäude, bis alle Spritzen vorbereitet sind, dauert es noch einen Moment. Dann kündigt das leise Geräusch von Rollen den Arzt an: Heribert Hüren ist auch der Hausarzt einiger Bewohner, sein Gesicht ist ihnen nicht unbekannt. In kürzester Zeit sind die Ärmel hochgekrempelt, kurz erklärt, dass das der Impfstoff gegen das Coronavirus ist und die Dosis verabreicht. Jetzt ist Brigitte Luci an. Ihre Tür steht einen Spalt breit auf, der Arzt stellt sich kurz vor, denn Luci kennt er noch nicht. „Wir haben für alle Patienten, die ich nicht kenne, einen Anamnese-, einen Aufklärungsbogen und auch eine Notiz, ob die Bewohner noch Fragen vor der Impfung haben“, erklärt Hüren. Brigitte Luci hat keine Fragen. Sie hat auch schon ihre Jacke ausgezogen und den Ärmel des T-Shirts hochgekrempelt. Hüren desinfiziert seine Handschuhe und Lucis Arm, nimmt eine der kleinen Spritzen, setzt sie und klebt ein Pflaster auf die Stelle. Luci verzieht keine Miene. „Das war gar nicht schlimm, dabei hatte ich gerade so einen Bammel“, sagt die 86-Jährige und lächelt. Vor der zweiten Impfung hat sie nun keine Sorge mehr. „Ich bin erleichtert und froh, dass ich es gemacht habe. Hoffentlich kommen wir damit jetzt gut durch die nächste Zeit.“
Auch Bianca Jennen hat ihre Impfung bekommen. „Unspektakulär“, lautet ihr Fazit. „Ich habe gar nichts gemerkt.“Einige Minuten Ruhe nach dem Impfen solle sie einhalten. „Inklusive Aufklärungsgespräch war alles nach höchstens fünf Minuten vorbei“, sagt sie. „Ich bin irgendwie erleichtert. Ein gutes Gefühl, etwas getan zu haben.“