Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Fitnessstudios fehlen Anmeldungen
Zum Jahresstart plagt viele das schlechte Gewissen. Als guten Vorsatz melden sie sich im Sportcenter an – aber in diesem Jahr nicht. Was das für Betreiber bedeutet.
DÜSSELDORF Normalerweise sind die Fitnessstudios Anfang Januar voll. Das schlechte Gewissen nach mächtigem Weihnachtsessen und ausgelassener Silvesterfeier treibt die Menschen dann in die Krafträume. Normalerweise. Wegen Corona müssen die Studios geschlossen bleiben. Mindestens bis Ende Januar, die Branche mit früher rund elf Millionen Mitgliedern in 9700 Anlagen liegt am Boden.
Kündigungen werden in der Regel durch Neuanmeldungen gerade in der kalten Jahreszeit aufgefangen. „Die Neukundengewinnung fällt aber im Grunde seit März völlig aus“, sagt Birgit Schwarze, Vorsitzende des DSSV, dem Arbeitgeberverband deutsche Fitness- und Gesundheitsanlagen.
Rund 40 Prozent der neuen Kunden würden in den Monaten November bis Februar verbucht, aber „da November und Dezember nicht die stärksten Monate zur Neukundengewinnung sind, ergibt sich automatisch die Bedeutung von Januar und Februar“, sagt Schwarze. Diese Anmeldungen fallen jetzt fast komplett weg. Die Branche verbuchte 2020 laut DSSV ein Umsatzminus von einer Milliarde Euro, ein Fünftel des früheren Jahresgeschäftes. Diesen Rucksack nehme man jetzt mit in das neue Jahr.
Im Düsseldorfer Studio von Fitnesstrainer Ingo von Nordheim gab es sonst im Januar doppelt so viele Anmeldungen wie im Jahresdurchschnitt. Dieses Jahr ist Lockdown.
Das Energym, in dem er arbeitet, hat 450 Mitglieder. Es ist vergleichsweise klein. „Die meisten Kunden zahlen ihren Betrag weiter. Sonst würden wir das nicht schaffen“, sagt der Trainer. Bei größeren Studios, bei denen die Kundenbindung zum Unternehmen nicht so ausgeprägt ist, sieht das anders aus.
Branchengröße Fitx hat nach eigenen Angaben wegen der Corona-Krise mit immensen Umsatzeinbußen zu kämpfen: „Insgesamt ist es so, dass wir aufgrund der aktuellen Situation und insbesondere wegen des zweiten Lockdowns weniger Mitglieder haben als wir gewohnt sind und als wir geplant haben“, teilt Maike Blankenstein vom Fitx-Presseteam mit. Grundsätzlich sind die Kündigungszahlen im vergangenen Jahr in der gesamten Branche gestiegen.
Eine zusätzliche finanzielle Belastung sei die Umsetzung der Hygienekonzepte gewesen, sagt Birgit Schwarze. Auch ausbleibende Zahlungen der Staatshilfen erhöhen den Druck auf die Studios weiter. Die versuchen derweil ihr Online-Angebot auszuweiten, um nicht noch mehr Kundinnen und Kunden zu verlieren. Fitx hat eine eigene App, in der jetzt auch Übungen für zu Hause angezeigt werden. Zusätzlich gibt es Online-Kurse.
Noch sei es zu früh, um zu sagen, dass der Jahreswechsel für einen Motivationsschub gesorgt hat, „wir erwarten aber, dass die Nutzungszahlen unserer digitalen Angebote nach oben gehen – wenn auch in kleinerem Ausmaß, als es im Studio zu beobachten wäre“, erklärt Maike Blankenstein. Zwar gibt es auch im Düsseldorfer Studio Energym Online-Kurse, die Kunden dort sind aber durchschnittlich älter und laut von Nordheim weniger internetaffin. Die Versorgung der Mitglieder läuft daher analog: die Kunden können sich Geräte aus dem Studio für zu Hause mitnehmen – kostenlos. Mit Neuanmeldung rechnet er in näherer Zukunft nicht. Schwarze sagt, dass Online-Angebote das Training vor Ort nicht ersetzen können.
Hinweise von Trainern seien oft hilfreich, „zu Hause können unbemerkt Fehlbelastungen stattfinden“, sagt sie. Ohnehin findet sie, dass die physische und psychische Belastung der Bevölkerung hoch ist und dass Fitnessstudios dem entgegenwirken könnten. Die Schließung sei falsch, sagt sie. Nach dem verlängerten Lockdown wird sich der Wunsch nach einer schnellen Öffnung aber wohl nicht erfüllen. Vorerst müssen die Studiomitglieder weiter von zu Hause aus trainieren.