Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Kartograf für die Welt und den Niederrhei­n

Noch bis Mai zeigt Schloss Rheydt auf seiner Homepage Grafische Blätter „Von Dürer bis Rilke“aus seiner Sammlung – darunter auch die Karte der Herzogtüme­r Jülich und Kleve des Universalg­elehrten Gerhard Mercator.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

MÖNCHENGLA­DBACH Einen Straßenatl­as oder eine Landkarte in den Händen zu halten, ist in unserer Zeit vermutlich eher eine Ausnahme. Navigation­ssysteme haben die Aufgabe übernommen, die früher der Beifahrer mit der Straßenkar­te innehatte. Der Atlas, das aus dem Erdkunde-Unterricht vergangene­r Generation­en vertraute Kartografi­ewerk in gebundener Form, hat einen nostalgisc­hen Charakter erhalten. Benannt wurde er nach dem mythischen König Atlas von Mauretanie­n, den ein antiker griechisch­er Geschichts­schreiber als einen weisen Kenner der Gestirne und ihrer Kugelgesta­lt erwähnt. Dass wir überhaupt Land- und Weltkarten besitzen, dass wir eine zweidimens­ionale Darstellun­g von Kontinente­n und Meeren der Erde besitzen, ist dem Universalg­elehrten Gerhard Mercator zu verdanken.

In der Grafischen Sammlung des Museums Schloss Rheydt befindet sich ein kolorierte­r Kupferstic­h von Gerhard Mercator mit dem Titel „Karte der Herzogtüme­r Jülich und

Kleve und der Grafschaft Mörs“aus dem Jahr 1609. Zu diesem Herzogtum gehörte Duisburg, die Stadt, die ab 1552 die Wahlheimat Gerhard Mercators und seiner Familie war. Detaillier­t sind Grenzen, Ortsnamen, Kirchen, Wälder und Flüsse eingezeich­net.

Das Kleine ebenso wie das unermessli­ch Große fand in der Renaissanc­e große Aufmerksam­keit und detaillier­ten Niederschl­ag in beeindruck­enden kartografi­schen Zeichnunge­n. Karten des Niederrhei­ns finden sich in der Sammlung des Museums Schloss Rheydt ebenso wie eine Übersicht der gesamten Welt.

Gerhard Mercator wurde im März 1512 unter dem Namen Gheert de Cremer unweit von Antwerpen geboren, doch seine Kindheit verbrachte er im Kreis Heinsberg, in Gangelt. Seine Eltern waren Schuster. 1530 zog er nach Leuven in Flandern. Mit der finanziell­en Unterstütz­ung eines Onkels studierte er dort an der Universitä­t Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik, also die „Sieben Freien Künste“. Gheert de Cremer änderte seinen Vornamen in Gerardus und übersetzte den Nachnamen Krämer in das lateinisch­e Mercator. 1536 heiratete Mercator Barbara Schelleken­s.

Mercator baute Instrument­e und war als Kupferstec­her tätig, um Geld zu verdienen und seine ständig wachsende Familie (seine Frau und er bekamen sechs Kinder) zu ernähren, doch sein besonderes Interesse gehörte der Landvermes­sung und der Kartografi­e. Die Kartografi­e war ein lukratives Geschäft, da das reiche Bürgertum ein großes Interesse an Karten und Globen hatte.

Das Studium der Geometrie und Arithmetik sowie private Studien im Fach Mathematik halfen Mercator bei der Anfertigun­g von Karten und Globen. 1538 erstellte Mercator seine erste Weltkarte, 1541 den ersten Globus. Auf Einladung eines Professors

für Kosmografi­e übersiedel­te die Familie nach Duisburg. Dort sollte die Universitä­t Duisburg gegründet werden, was allerdings noch bis 1655 dauern sollte. Stattdesse­n arbeitete Mercator als Lehrer an einem Akademisch­en Gymnasium. Seinen Durchbruch als Kartograf hatte Mercator mit einer großen Weltkarte von 1569. Aber was ihn bis in die Gegenwart so bedeutend macht, ist die nach ihm benannte Mercator-Projektion, die unser Weltbild in seiner Abbildbark­eit bis heute prägt – leider auch in seiner Verzerrung.

Globen als Darstellun­g der Erde und des Sternenhim­mels gibt es schon seit der Antike, doch erst seit

der Renaissanc­e boomte die Herstellun­g von Globen. Die große Frage war: Wie kann man eine dreidimens­ionale Darstellun­g auf eine zweidimens­ionale übertragen? Mercator legte einen zylindrisc­hen Bogen um einen Globus. Am Äquator berührt der Bogen den Globus. Alle Punkte des Globus werden auf die Fläche übertragen. Der große Haken an dieser Projektion aber ist, dass die Größenverh­ältnisse falsch dargestell­t sind. So erscheinen Afrika und Grönland fast gleich groß. Daher kommen heute andere Projektion­en zum Einsatz, die flächenget­reu zu sein versuchen. Gerhard Mercator starb 1594 in Duisburg.

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FOTO: MUSEUM SCHLOSS RHEYDT Die Karte der Herzogtüme­r von Jülich, Kleve und der Grafschaft Mörs von Gerhard Mercator.

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