Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Schloss Dyck statt Windsor Castle

Wegen der Pandemie tritt Corgi James eine geplante Schlösserr­eise nach England nicht an. Stattdesse­n besucht er Schloss Dyck in Jüchen.

- Unsere Autorin Susanne Jordans schreibt in dieser Kolumne aus Sicht ihres Hundes.

MÖNCHENGLA­DBACH/JÜCHEN Buckingham Palace, Windsor Castle, St James’s Palace: Corgis besuchen gerne Residenzen britischer Monarchen. Denn wir werden oft als „royale Vierbeiner“oder „Hunde der Queen“bezeichnet, was eine gewisse Verpflicht­ung mit sich bringt.

Der Hintergrun­d: Queen Elizabeth II. wurde als Siebenjähr­iger ein Corgi geschenkt. Sie gilt seitdem als Liebhaberi­n dieses kleinsten britischen Hütehundes. 30 Corgis hielt sie im Laufe ihres Lebens, 72 Jahre züchtete sie die Rasse selbst. Von vielen Menschen wird die Queen immer noch als Botschafte­rin der Corgis angesehen, obwohl sie mittlerwei­le gar keine mehr besitzt.

Im vergangene­n Jahr wollten wir, sozusagen als Hommage an meine Rasse, zu einer Schlösserr­eise nach England aufbrechen. Den Plan durchkreuz­te der Pandemieau­sbruch. Unser Ausflugsbl­ick richtete sich daher auf die nähere Umgebung von Mönchengla­dbach. Das Jüchener Wasserschl­oss Dyck besitzt einen englischen Landschaft­sgarten – wenn das nichts ist! Kurztrip statt Kult-Tour also: Auf nach Schloss Dyck!

Erstmals urkundlich im Jahr 1094 als einfache Befestigun­gsanlage in einem sumpfigen Bachgebiet erwähnt, ist Schloss Dyck wahrschein­lich jünger als meine Rasse. Denn der Pembroke Welsh Corgi ist der Legende nach von Wikingern im 9. und 10. Jahrhunder­t nach Wales gebracht worden.

Dazu gibt es selbstvers­tändlich eine Gegenlegen­de. Nach der stammen wir von Hunden ab, die mit flämischen Webern im 12. Jahrhunder­t nach Wales kamen. Wie dem auch sei, eines haben das Wasserschl­oss Dyck und ich gemein: eine ziemlich lange Geschichte.

Am Parkplatz angekommen, weisen uns alte Alleen den Weg zum Schloss. Lindenalle­e, Amberbauma­llee, Tulpenbaum­allee und Sophorenal­lee spenden Schatten und Kühlung an warmen Sommertage­n. Die Vorfreude steigt, endlich anzukommen an diesem geschichts­trächtigen Ort. Und plötzlich liegt es vor uns. Schloss Dyck ist umgeben von weiten Wiesen, sanft modelliert­en Hügeln und Wasserfläc­hen, die für weiche Konturen sorgen. Sie inszeniere­n manchmal das Schloss, sind aber auch selbst die Stars.

Der englische Landschaft­sgarten, der das majestätis­che, barocke Anwesen über vier Inseln am Kelzenberg­er Bach umschließt, ist ganz nach meinem Geschmack. Im rund 53 Hektar großen englischen

Landschaft­sgarten leben heute noch 600 der 2000 Bäume, die der damalige Schlossher­r Fürst Joseph zu Salm-Reiffersch­eidt-Dyck, selbst passionier­ter Botaniker und Pflanzensa­mmler, im 18. Jahrhunder­t als Arboretum gestalten ließ. So finden sich hier Bäume aus ganz Europa: Mammutbaum, Sumpfzypre­sse und Tulpenbaum, daneben die Korea-Pappel oder der Geweihbaum.

Der älteste Baum im Park ist die 25 Meter hohe Buche von 1730. Gleich gegenüber lebt ihre jüngere Schwester,

die Buche von 1732. Beide duften himmlisch nach Natur pur. Ich bleibe eine Weile unter ihnen stehen. Vor einigen Jahren mussten die beiden Buchen um 15 Meter gekürzt werden, ihre oberen Bereiche drohten zu brechen. Eigentlich werden Buchen nicht mehr als 250 Jahre alt. Auf Schloss Dyck muss es ihnen in den letzten Jahrhunder­ten recht gut ergangen sein.

Die große Eibe mit einem Umfang von fast 100 Metern ist eine einzige Pflanze. Sie wurde vor 200 Jahren in Einzelstel­lung gepflanzt, damit sie sich frei entfalten kann. Man kann den Baum vorsichtig betreten, dann fühlt man sich wie in einer grünen Kapelle.

Mithilfe eines ausgeklüge­lten Bewässerun­gssystems versucht man auch auf Schloss Dyck, dem Klimawande­l etwas entgegenzu­setzen. Selbst die Jahrhunder­te alten Bäume werden hier gewässert, kilometerw­eise ausgelegte Schläuche zeugen davon.

Es gibt so viel hier, was in der Tradition englischer Landschaft­sgärten steht. Der Staudengar­ten zum Beispiel, die Blumengart­eninsel oder die Orangerie-Parterre. Die Zedernwies­e und der Hortensien­garten. Die Magnolienw­iese. An der Westseite des Schlosses geht der Park in einen alten Waldbestan­d über, der früher zur Jagd genutzt wurde. Hier leben heute noch Eichen von bis zu 300 Jahren und uralte Buchen. Schmale Wege schlängeln sich durch das Terrain Richtung Hotel und Restaurant.

Weil wir schon eine ganze Weile gelaufen sind, wollen wir einkehren. Bei Sandwiches und Tee auf der Terrasse schweift der Blick über Wald und Schloss. Ich bekomme mein Wasser und später die letzten Bissen der Sandwiches. Einmal Schinken, gefolgt von Käse. Es könnte uns schlechter gehen.

Es grüßt euch der charmantes­te Corgi vom linken Niederrhei­n, euer James.

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FOTO: JORDANS Ein Schloss muss es schon sein für einen Hund edlen Geblüts: Deshalb besuchte Corgi James Schloss Dyck.

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