Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„Priorität: Einsatzbereitschaft sichern“
Auch die Feuerwehr hat ein Jahr wie 2020 noch nicht erlebt. Löscheinheitsführer Holger Kokartis erzählt.
ERKELENZ Eigentlich ist der Alltag bei den Feuerwehren klar strukturiert: Regelmäßige Übungsabende, ebenso regelmäßige Ausbildungen, dazu kommen die Einsätze, das Aufrechterhalten der Kameradschaft und viel mehr: Das Corona-Jahr hat alles verändert. Was das für die Löscheinheiten gebracht hat – dazu gibt Brandoberinspektor Holger Kokartis, der Einheitsführer der Löscheinheit Erkelenz, der größten im Stadtgebiet, einen Überblick.
Herr Kokartis, das Jahr 2020 hat so ziemlich alles verändert – und ganz sicher auch bei der Feuerwehr.
KOKARTIS Das können Sie definitiv so sagen. Ich hätte am Anfang nicht damit gerechnet, dass uns die Pandemie so lange beschäftigen würde, und es ist für uns alle eine große Herausforderung. Nach dem ersten Lockdown haben wir nach und nach wieder den Übungsdienst aufgenommen, den wir auch unter strenger Einhaltung der Schutzmaßnahmen intensiv genutzt haben. Auch die Grundausbildung konnte starten. Nur: Das alles ist aufgrund der steigenden Infektionszahlen seit Oktober vorläufig eingestellt. Diese Maßnahmen mussten allerdings getroffen werden, um unsere Einsatzbereitschaft aufrecht zu erhalten. Unsere absolute Priorität ist die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft unserer Feuerwehr. Damit wir zu 100 Prozent für unsere Bürger der Stadt Erkelenz da sein können.
Normalerweise würden Sie jetzt die Jahresversammlung Ihrer Einheit vorbereiten, die coronabedingt nicht stattfinden kann. Dennoch: Wie fällt Ihr Blick auf das Jahr 2020 aus?
KOKARTIS Das Jahr 2020 sehe ich von zwei Seiten aus: Positiv ist, dass einiges ins Gerätehaus Erkelenz investiert worden ist. Dazu zählen neue Hallentore für die Fahrzeughalle, die neue Heckwarnbeklebung auf den
„Wir wollen zu 100 Prozent für die Bürger da sein“Holger Kokartis Brandoberinspektor
Fahrzeugen – gerade bei Einsätzen auf Verkehrswegen wichtig, die neue Lagerhalle und Geräte wie Wärmebildkamera, Wasserrettungsanzüge und mehr. Das große Aber ist: Die Kameradschaft bleibt auf der Strecke. Wir sehen uns ja quasi nur noch bei den Einsätzen, hinzu kommt das Zwischenmenschliche. Heißt: Nach den Einsätzen sitzen wir oft noch im Aufenthaltsraum zusammen. Daran ist zurzeit leider nicht zu denken. Falls es erforderlich ist, finden Einsatznachbesprechungen auf Abstand in der Fahrzeughalle statt.
Damit sprechen Sie an, was den Alltag Ihrer Einheit verändert hat. Was war die größte Herausforderung?
KOKARTIS
Da geht es sicher auch wieder um die Kameradschaft – davon lebt eine ehrenamtliche Organisation wie die Feuerwehr. Im Einsatz müssen wir uns zwingend aufeinander verlassen können, was ein gutes Miteinander voraussetzt. Desweiteren ist es teilweise schwierig, Neuigkeiten zu verkünden. Dies habe ich immer vor der Mannschaft gemacht, um für eine klare Absprache auf persönlicher Ebene zu sorgen und um Unklarheiten sofort ausdiskutieren zu können. Zurzeit läuft alles über unsere Chatgruppe.
Im Frühjahrslockdown hatte sich gezeigt, dass die Einsatzzahlen heruntergehen. Können Sie das für den weiteren Jahresverlauf bestätigen?
KOKARTIS Nein, das können wir für den weiteren Jahresverlauf nicht bestätigen. Im Gegenteil, im Oktober/ November war es keine Seltenheit, dass wir bis zu dreimal am Tag ausrücken mussten. Im Jahr 2020 kommen wir auf 273 Einsätze, 2019 waren es 281.
Sie haben den Dienstplan Ihrer Einheit für das Jahr 2021 kürzlich geschrieben. Ist dieser anders aufgestellt, weil in 2020 fast nichts stattfinden konnte?
KOKARTIS Der Plan wurde nur geringfügig verändert. Mit unserem Fahrzeugpark stehen uns genug Übungsmöglichkeiten zur Verfügung, die Kameradinnen und Kameraden sind auf den Fahrzeugen und Geräten gut ausgebildet. Wir sind gut vorbereitet, der Dienstplan ist breit gefächert. Desweiteren haben sich auch jüngere Kameradinnen und Kameraden gemeldet, die einen Übungsabend gestalten möchten und die wir in den Dienstplan integriert haben.