Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Bayerischer Masken-Aktivismus
Im Kampf gegen Corona werden FFP2-Masken immer wichtiger. Während Alltagsmasken verhindern, dass der Träger andere ansteckt, schützen FFP2-Masken den Träger selbst – das ist gerade mit Blick auf die britische Mutation wichtig. Ist es also vorbildlich, dass Bayern diese Masken nun für Nahverkehr und Handel vorschreibt? Nein. Eine Pflicht ist sinnvoll, wenn es ausreichend Masken für alle gibt. Davon kann derzeit noch keine Rede sein, wie der holprige Start der Verteilung an Risikopatienten zeigt. Erst recht darf eine Pflicht nicht dazu führen, dass Masken für Ärzte oder Pflegekräfte knapp werden. Hinzu kommen soziale Fragen: Im Vergleich zu Alltags- sind FFP2-Masken teuer, eine Tragepflicht würde für Bedürftige zum Problem. Soll das eine neue Sozialbürokratie lösen? Und wieso entdeckt die Politik erst jetzt, dass der Nahverkehr ein Problem ist? Schulbusse waren schon Wochen vor Weihnachten voll.
Die neue Maskenpflicht ist ein typisches Beispiel für den Aktivismus von Markus Söder, der anderen Ministerpräsidenten gerne zeigt, wo es langgeht. Tatsächlich aber hat Söder ebenso wie andere den Sommer vergeudet. Das gilt für die Beschaffung von Masken, von Impfstoff, für die Teststrategie und die Schulpolitik. Warum haben die EU-Staaten nicht bereits im Sommer Impfstoff bestellt – und zwar jeweils bei allen aussichtsreichen Herstellern genug? Warum wird bei Erkrankten nicht konsequent getestet, ob es sich um das britische Virus handelt? Warum sind Schulen nicht besser auf den Winter vorbereitet worden? Ausgerechnet Söders Bildungsminister macht sich gerade mit der Bitte zum Gespött, dass sich Bayerns Schüler nicht alle gleichzeitig in die Lernplattform einloggen sollen, weil diese sonst in die Knie geht.
Söder gibt gerne den weiß-blauen Krisenmanager. Doch auch er läuft der Entwicklung hinterher. Mehr Plan, weniger PR wäre hilfreich.