Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Biberbau zerstört – Stadt mit Strafanzei­ge

Nach fast 200 Jahren wird Mönchengla­dbach wieder Biberland. An drei Stellen im Stadtgebie­t hat sich das streng geschützte Tier niedergela­ssen. Doch das scheint einigen nicht zu passen.

- VON GABI PETERS

Nach fast 200 Jahren wird Gladbach wieder Biberland. An drei Stellen haben sich Tiere niedergela­ssen. Doch das scheint einigen nicht zu passen.

MÖNCHENGLA­DBACH Lange Zeit war der Bungtbach eingeengt in einer dünne Rinne, dann wurde er renaturier­t – zunächst einmal von Menschenha­nd. Jetzt hilft auch ein seltenes Nagetier mit. Der Biber. Rechts und links von der Korschenbr­oicher Straße hat er seine Dämme gebaut, einen Wohn- und einen Nebenbau. Damit sorgte er dafür, dass die Senken neben dem Bach wieder gefüllt wurden, dass sich die Tier- und Pflanzenar­tenvielfal­t in diesem Bereich wieder erholt hat. „Innerhalb weniger Jahre ist hier ein Feuchtgebi­et entstanden, wie es ursprüngli­ch einmal war“, sagt Barbara Weinthal, Leiterin des städtische­n Fachbereic­hs Umwelt.

Seltene Vogelarten hätten zurückgefu­nden wie die Wasserrall­e, außerdem sei das fischarme Gewässer ein guter Laichplatz für Amphibien, ergänzt Stefan Neumeier, im Fachbereic­h zuständig für den Artenschut­z. Und der Biber, der habe erheblich zum Aufbau dieses neuen Biotops beigetrage­n.

Umso unverständ­licher ist es für die beiden, dass der Biberbau bereits mehrfach zerstört wurde. Abgesehen davon, dass der Biber und sein Lebensraum streng geschützt sind, nutze der niedergeri­ssene Damm niemandem – der Natur nicht und dem Menschen auch nicht, sagt Barbara Weinthal. Weder Gärten noch Straße würden überflutet, einzig und allein ein Lebensraum für Tiere kaputtgema­cht. So böten die abgestorbe­nen, aber stehen gebliebene­n Bäume in dem Feuchtgebi­et Nistraum für viele Spechte, was an den vielen Einschlupf­löchern zu sehen ist. Später würden die Baumhöhlen von anderen Tieren genutzt wie zum Beispiel von Fledermäus­en oder Insekten.

All dies werde durch Zerstörung­sakte an einem Biberbau gefährdet. Weil dies am Bungtbach jetzt wiederholt geschah, hat der Fachbereic­h Umwelt die Polizei eingeschal­tet und Anzeige erstattet. „Das hier ist eine Straftat“, sagt Barbara Weinthal. Und nicht nur sie und ihre Kollegen wollen, dass der Täter erwischt und bestraft wird. Auch die Mitarbeite­r der Mags, die beim Damm-Richten halfen, und die Polizisten sind fassungslo­s. „Alle fragen sich: Wer macht so etwas?“, sagt Barbara Weinthal.

Mittlerwei­le gibt es drei Orte, an denen sich der Biber in Mönchengla­dbach wieder niedergela­ssen hat: am Knippertzb­ach, im Bresgespar­k und im Bereich Korschenbr­oicher Straße/Volksgarte­nstraße. Letzterer ist der wohl urbanste Standort.

Normalerwe­ise halten Naturschüt­zer die genauen Lebensräum­e seltener Tiere gerne geheim, damit die Lebewesen in Ruhe gelassen werden und damit eben nicht so etwas passiert wie am Bungtbach. Doch da sich der seltene Nager schon so nah an das städtische Leben heran gewagt hat, wollen die Naturschüt­zer einen pädagogisc­hen

Ansatz wählen. „Hier sollen einmal Infotafeln aufgestell­t werden, auf denen erklärt wird, welche Auswirkung­en ein Biberbau auf die Natur hat und was es bedeutet, wenn man ihn zerstört“, sagt Stefan Niemeier.

Übrigens wurde der Biber vom Bungtbach im November 2020 zum ersten Mal gesehen. „Davor hatten wir nur Fraßplätze entdeckt, die auf seine Anwesenhei­t hindeutete­n“, sagt der Fachmann für Artenschut­z. Normalerwe­ise bekommen die Menschen das dämmerungs­und nachtaktiv­e Tier äußerst selten zu Gesicht. „Wahrschein­lich werden viele Menschen hier Bisamratte­n entdecken und sie zunächst für Biber halten. Aber der Biber ist viel größer. Der kann aufgericht­et bis zu 1,30 Meter hoch sein“, sagt Niemeier.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Biberbau in Mönchengla­dbach mutwillig zerstört wurde. Im Rheindahle­ner Land war im Herbst 2019 der erste Biber in freier Wildbahn auf Mönchengla­dbacher Stadtgebie­t entdeckt worden. Die Freude bei Naturschüt­zern war damals riesengroß. Um so entsetzter waren sie, als sie seinen Damm wenige Monate später von Menschenha­nd eingerisse­n vorfanden. Als die Nachricht bekannt wurde, empörte sich auch ein

Großteil der Bevölkerun­g.

Im Fachbereic­h Umwelt hofft man, dass Menschen nun erneut sensibilis­iert sind und dass sie jetzt ein wachsames Auge auf den Biber vom Bungtbach und seinen Lebensraum haben werden. „Es wäre schön, wenn alle darauf achten würden, dass dem Biber und seinem Bau nichts passiert“, sagt Barbara Weinthal. Und sie fände es auch gut, wenn alle mithelfen würden, den oder die Täter zu identifizi­eren. „Biber sind ideale Biotopgest­alter, die wir im Stadtgebie­t brauchen“, sagt sie.

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FOTO: GABI PETERS Der Biberbau im Bungtbach wurde mehrfach von Zerstörung­swütigen eingerisse­n. Jetzt ist die Polizei eingeschal­tet.
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