Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Schlechte Laune im Homeoffice – das hilft
Psychologin Sonja Eiden erklärt, wer besonders gefährdet ist und was man dagegen tun kann.
ERKELENZ Viele Menschen haben ihr Büro und ihre Kollegen seit über einem Jahr kaum oder nur in Videokonferenzen gesehen – das hinterlässt Spuren. „Viele haben in ihrem Arbeitsteam derzeit ein ungutes Gefühl, das sie gar nicht genau beschreiben können. Sie sagen uns: ,Irgendwie kommen wir auf der Arbeit gerade nicht miteinander klar'“, sagt die Erkelenzer Psychologin Sonja Eiden.
Gemeinsam mit ihren Kollegen Ute Meiborg, Thorsten Helms, Stephanie Grehl und Carmen Scholz hat sie sich deshalb zusammengeschlossen und anhand verschiedener Fragen einen Screening-Bogen entwickelt, mit dem die Experten mehr über die Corona-Auswirkungen in Firmen herausfinden wollen. Eidens Eindruck in vielen Gesprächen mit Betroffenen ist, dass sich im Homeoffice die Leute „sehr anstrengen. Sie wollen einen guten Job machen. Aber sie sind belasteter, erschöpfter und dünnhäutiger“.
Eine Szene, die ihr sehr oft geschildert wird: „Wir haben eine komische Stimmung im Team. Es kommt oft zu Konflikten, scheinbar auch über Kleinigkeiten, die an sich überhaupt nicht gravierend sind. Da kochen die Emotionen hoch, da stauen sich Dinge auf.“Der persönliche Austausch, der klassische Flur-Talk oder die gemeinsame Kaffeepause bleiben derzeit auf der Strecke. „Teams, die sich seit langer Zeit nicht mehr live und in Farbe gesehen haben, fühlen sich häufig eingeschränkt“, sagt Eiden.
Oft würde über solche Probleme allerdings nicht gesprochen. Ein Fehler, wie Stressmanagement-Expertin Ute Meiborg erklärt. Menschen
für ihre Arbeit, fühlt sich aber sehr belastet. „Da muss man überlegen, wie man diese Belastung runterfahren kann und wie man aus diesem ständigen Alarmmodus rauskommt“, sagt Eiden. Hilfreich sei, das Problem offen in der Gruppe anzusprechen.
Wiederum andere nehmen zwar die Belastung als moderat wahr, fühlen sich jedoch sehr eingeschränkt. „Hier ist es hilfreich, kreativ zu werden. Vielleicht hilft mal eine virtuelle Kaffeepause, um die Stimmung zu lockern, um einfach mal miteinander zu quatschen. Es kann auch helfen, wenn die Führungskraft einfach mal ein Online-Meeting verlässt und den Angestellten die Chance gibt, ohne Chef noch weiterzureden.“
Besondere Vorsicht ist bei den Menschen angesagt, die sowohl Belastung als auch Einschränkung als hoch empfinden. „Das sind Leute, die durchaus gefährdet sind und Unterstützung brauchen“, sagt Eiden. Es sei auch Aufgabe von Führungskräften, dies zu erkennen und zu helfen. Eiden rät, alles dafür zu tun, die Geselligkeit nicht zu verlieren. Aus einem Team dürften keine Einzelkämpfer werden.
„Auch Videokonferenzen müssen nicht bierernst bleiben, man kann Humor reinbringen“Sie schlägt etwa ein Meeting-Bingo vor: Wie häufig fallen bestimmte Wörter wie Corona? Man könne einem netten Kollegen einfach mal ein Schokolädchen ins Fach legen oder eine lustige Postkarte schreiben.
„Solche Kleinigkeiten bleiben im Moment oft auf der Strecke“, sagt Eiden. „Durch eine Aufmerksamkeit oder gemeinsames Lachen entsteht Verbindung. Und die ist gerade besonders wichtig.“