Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Mehr als 1000 Straftaten am Marienplatz
Diebstähle und Körperverletzungen machen über 60 Prozent der Delikte in dem Bereich aus. Wie die Stadt gegensteuern will.
RHEYDT/ ODENKIRCHEN Die Corona-Pandemie hat zumindest das Kriminalitäts-Geschehen im Bereich des Marienplatzes nicht gedämpft. Etwas weniger als 1000 Straftaten registrierte die Polizei im Jahr 2019 dort. In 2020 seien es etwas mehr als 1000 gewesen, berichtete die Polizei in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Süd. In 50 Prozent der Fälle habe es sich um Diebstahlsdelikte gehandelt, in zwölf Prozent um Körperverletzungen, Drogendelikte machten fünf Prozent aus. Die restlichen 33 Prozent betrafen Delikte quer durchs Strafgesetzbuch. Zahlen, die die Bezirksvertreter mit Unbehagen hörten. Daran änderte auch die Versicherung der Polizei wenig, dass sie durchaus auch in Zivil am Marienplatz unterwegs sei.
Denn dass bei Auftritten in Uniform potenzielle Täter gewarnt seien, das räumt auch das Ordnungsamt ein. Kollegen des Kommunalen Ordungsdienstes (KOS) könnten wohl auch daher bei Patrouillen kaum Ordnungswidrigkeiten feststellen oder auch Berichte von Anwohnern über Drogenhandel und Pöbeleien bestätigt finden. Das solle durchaus nicht heißen, dass die Schilderungen unzutreffend seien, versichert das Ordnungsamt. Sie ließen sich halt nicht feststellen, wenn der KOS vor Ort sei. Dass der Ordnungsdienst personell unterbesetzt sei, sei klar, meinte Bezirksvorsteher Ulrich Elsen: „Deshalb haben wir inzwischen ja auch 450.000 Euro für mehr Personal im Stadthaushalt eingeplant.“
Bis zusätzliches Personal einsatzbereit ist, dürfte es aber noch eine Weile dauern. Zudem will das Jugendamt auch nicht alleine auf repressive Maßnahmen, sondern auch auf Vorbeugung setzen. Denn etliche Regelverstöße und Straftaten bis hin zu Raub- und Gewaltdelikten am Marienplatz gehen auf das Konto von Jugendlichen. Bei dieser Gruppe „konnte zu einem Teil eine
Verknüpfung zu Personen hergestellt werden, die in Odenkirchen leben und/ oder sich der Gruppierung ,Odenkirchener Ghettoboys' zugehörig fühlen“, so das Jugendamt. Nicht wenige davon kommen offenbar aus der Problem-Wohnanlage „Zur Burgmühle“. Die Stadt will daher gemeinsam mit in der Jugendhilfe tätigen Partnern nicht nur Rheydt, sondern auch Odenkirchen in den Blick nehmen.
Es gibt inzwischen zwei Arbeitskreise. Einer kümmert sich um bereits straffällig gewordene oder „an der Schwelle zur Straffälligkeit“stehende Jugendliche, der andere um bislang strafrechtlich noch unauffällige, jedoch als „kriminalitätsgefährdet“eingestufte Kinder und Jugendliche. In den Arbeitskreisen sind neben dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Jugendamtes unter anderem auch Akteure wie die Jugendhilfe im Strafverfahren,
Streetworker und Schulsozialarbeiter aktiv.
„Eine Vielzahl von delinquenten Jugendlichen sind im ASD bekannt. Es werden Hilfen gewährt, wobei teilweise auch familiengerichtliche Maßnahmen angeregt wurden. Die Jugendhilfe im Strafverfahren führt gemeinsam mit ASD und Polizei unmittelbar nach Bekanntwerden einer Straftat Hausbesuche durch, um mit Eltern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, bereits vor Eingang einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft“, berichtet das Jugendamt. Und: „Die Kooperation der Eltern und der Jugendlichen ist die Grundlage für das Gelingen, um Straffälligkeit zu vermeiden.“An Kooperationsbereitschaft mangelt es jedoch nicht selten.
Bemühungen, Jugendliche von einem Abgleiten in die Kriminalität zu bewahren, will die Stadt weiter verstärken – etwa durch Besuche von
Streetworkern in Schulen und mit Freizeitangeboten. Bisherige Kontakte mit Jugendlichen haben laut Stadt einen deutlichen Bedarf für einen „neuen zentralen Treffpunkt und weiteren attraktiven Freizeit-, Sport- und Kulturangeboten für Jugendliche in Rheydt“erkennen lassen.
Die Wohnanlage „Zur Burgmühle“soll auch in den Fokus rücken. Dort sind nach Erkenntnissen der Stadt 88 Kinder unter 18 Jahre gemeldet. In den Häusern sei ein Streetworker der Arbeiterwohlfahrt und Mitarbeiter des nahe gelegenen Jugendzentrums „Villa“tätig. Kommen Kinder ins Teenageralter, reißen die Kontakte der Jugendarbeiter zu ihnen jedoch öfters ab.
Ab 1. Mai will die Stadt das in Rheydt-Ost bereits laufende Präventiv-Projekt „Hilfe und Orientierung für Mönchengadbacher Eltern“auf den gesamten Bezirks Süd und damit auch auf Odenkirchen ausdehnen. Die Astrid-Lindgren-Grundschule soll im kommenden Schuljahr zu einem Familiengrundschulzentrum werden; im leerstehenden ehemaligen „Casino“des Gebäudekomplexes „Zur Burgmühle“richtet die Stadt ein Familienzentrum der fünf städtischen Kitas in Odenkirchen ein. In dessen Beratungsarbeit sollen Streetworker und Bezirksbeamte der Polizei eingebunden werden. Für das neue Zentrum sind Umbauarbeiten nötig. Jugendamtsleiter Klaus Röttgen geht davon aus, dass die Einrichtung im ersten Quartal 2022 fertig ist. Für die Personalund Sachkosten des Angebots stehen laut Verwaltung in den Jahren 2023 und 2024 jeweils 170.000 Euro zur Verfügung. Auf Anregung der SPD wünschte sich die Bezirksvertretung, dass Gelder aus diesen Posten möglichst schon früher bereitgestellt werden.