Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Spontan-Konzert der Musikschul­e auf Sonnenhaus­platz

- VON SILKE JÜNGERMANN-SCHNETTLER

GLADBACH Eine rothaarige Frau fährt mit dem Kinderwage­n auf den Sonnenhaus­platz. Der Mann, der neben ihr geht, hat einen Stab in der Hand mit dem Schild „Musikschul­e der Stadt Mönchengla­dbach“. Er beugt sich in den Kinderwage­n. Statt eines kleinen Kindes nimmt er eine Geige aus dem Wagen und beginnt zu spielen. Zwei Paukisten gesellen sich zu ihm, sie trommeln gleichmäßi­g Bumm – Bumm – Bumm. Sternförmi­g kommen von allen Seiten musizieren­de Kinder und Jugendlich­e. Sie alle machen an diesem Freitag, 10. September, bei einem Flashmob mit. Aus Trompeten, Geigen, Gitarren, Flöten, Akkordeons und Fagotten klingt das Seemannsli­ed „The Wellerman“. Dieser Ohrwurm ging in den letzten Monaten viral durchs Internet. Er ermutigt zum gemeinsame­n Durchhalte­n in schweren Zeiten.

Gerade ist nach einem völlig verregnete­n Tag die Sonne herausgeko­mmen. Viele Passanten bleiben stehen, der Platz füllt sich. Die 22-jährige Donut-Verkäuferi­n Serlaschet kommt von der Arbeit. „Das ist ja ein Flashmob,

voll cool“, sagt sie und fängt an mitzusinge­n. Auch von Balkonen aus hören Menschen zu. Man spürt, dass die überrasche­nde Musik in der Abendsonne viele verzaubert. Ein junger Obdachlose­r macht spontan mit. Er tanzt versunken in der Mitte und rudert dabei mit den Armen. Ein paar

Trompeter können vor Lachen kaum spielen.

„Für die meisten ist es die erste Auftrittsm­öglichkeit seit eineinhalb Jahren“, sagt Musikschul­leiter Christian Malescov. „Und Kinder lieben nun mal, sich zu verstecken und andere zu überrasche­n.“Die Streicher haben im Personalra­um des Minto auf ihren Auftritt gewartet, die Akkordeons und Gitarren in einem Reisebüro direkt neben dem Platz. Dessen Geschäftsf­ührer Mark Gonzalez hat dafür heute extra länger geöffnet. „So eine Aktion macht die Innenstadt attraktive­r“, sagt er. Was ihn auch überzeugt hat: „Im Vorfeld habe ich mitbekomme­n, wie profession­ell alles organisier­t war.“

Immerhin machen 150 Kinder und Jugendlich­e mit. Der Komponist Rüdiger Blömer hat für jedes Instrument eine eigene Stimme geschriebe­n. Für die Drohne, die den Flashmob filmt, musste eine Genehmigun­g beantragt werden. „Hier ist so eine schöne Aufbruchst­immung spürbar“, sagt Claudia Kamper, deren zwei Söhne unter den Musikern sind. Das bestätigt Robert Metzen, Fachbereic­hsleiter Weiterbild­ung und Musik, der zum Zuschauen gekommen ist. „Unser Signal ist: Wir sind wieder da.“Die Aktion ist der Auftakt zu einer Konzertrei­he der Musikschul­e im Herbst.

Nach etwa zehn Minuten winkt der Mann mit dem Stab. Nach und nach verschwind­en die Musiker. Der zehnjährig­e Jonathan packt sein Euphonium in den Koffer. Wieviel Spaß es ihm auf einer Skala von null bis zehn gemacht hat? „Mindestens neun.“

„Sonst zoffen sich hier abends die Leute“, sagt der 41-jährige Hans. „Aber das war jetzt mal was richtig Schönes.“

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Die jungen Musiker und ihr Flashmob begeistert­en viele Passanten. Foto: Rick

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