Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Caritas: Arbeitslosenstatistik ist geschönt
Mit Kritik reagiert der Caritasverband auf offizielle Statistiken und erläutert die Gründe dafür.
ERKELENZER LAND (RP) Die Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit zeichne ein geschöntes Bild, das gelte auch für den Kreis Heinsberg, so der Caritasverband für das Bistum Aachen. Von den 1365 Personen, denen im Juni laut Statistik der Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit gelang, nahmen nur 37 Prozent eine bezahlte Beschäftigung auf. Das geht aus dem Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW hervor. 63 Prozent der Menschen, die im Juni im Kreis Heinsberg aus der Arbeitslosigkeit herauskamen sind, fallen aus anderen Gründen aus der Statistik heraus. Sie zählen nicht mehr als arbeitslos, weil sie beispielsweise arbeitsunfähig, wegen Krankheit, Erziehungs- oder Pflegezeiten für das Arbeitsamt vorübergehend nicht verfügbar oder in einer geförderten Maßnahme sind. Der Arbeitslosenreport der Wohlfahrtsverbände in NRW untersucht die Statistik über den Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit.
Stephan Jentgens, Caritasdirektor im Bistum Aachen, sagt: „Die Statistik beschönigt die Arbeitslosigkeit und geht an der Lebensrealität die Erwerbsarbeit zurückkehren, sei zu hoch. „Die Wohlfahrtsverbände fordern verstärkte Anstrengungen von Unternehmen und der öffentlichen Hand, um Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass viele teilhaben können“, sagt Jentgens.
Eine differenzierte Auswertung der Statistik nach Personenmerkmalen belegt: Männern und Menschen unter 25 Jahren gelingt es besser, in Erwerbsarbeit zu kommen als Langzeitarbeitslosen, Schwerbehinderten, älteren Menschen, Alleinerziehenden und Frauen. Menschen, die noch nicht lange arbeitslos sind, gelten bis zu zwölf Monate als arbeitsmarktnah. Viele beziehen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB III). Ihnen gelingt es laut Statistik deutlich häufiger, in die Erwerbstätigkeit zu gelangen, als Langzeitarbeitslosen und anderen, die Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II beziehen. Das gilt auch für den Kreis Heinsberg: Haben im Juni 2021 immerhin 47,8 Prozent der Personen, die aktive Arbeitsförderungsmaßnahmen
erhielten, die Arbeitslosigkeit verlassen, waren es nur 24,3 Prozent, die Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende bezogen. Roman Schlag, beim Caritasverband zuständig für Arbeitsmarktfragen: „Der Arbeitslosenreport belegt, dass die Wiederaufnahme einer Erwerbsarbeit nach Arbeitslosigkeit Menschen im Rechtskreis der Arbeitslosenversicherung gelingt, die noch nicht lange arbeitslos sind. Für Einkommensarme und Langzeitarbeitslose, die Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende erhalten, ist es schwerer, die Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert den Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, die für viele die einzig realistische Chance zur Teilhabe am Arbeitsmarkt ist.“Auch älteren Menschen und Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten hätten ohne Förderung kaum Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt. Für sie brauche es Förderinstrumente, die eine Weiterbeschäftigung mit Lohnkostenzuschuss und Arbeitsvertrag notfalls bis zur Rente möglich machten, sagt Schlag.