Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Chopin-Abend im alten Geneickene­r Bahnhof

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

GENEICKEN Chopins Polonaise „Heroique“sei für ihn ein besonderes Stück. „Sie ist das erste Werk, das ich vor 25 Jahren von Chopin gespielt habe“, verriet der in Odessa geborene Pianist Timur Gasratov. Diese erste Auseinande­rsetzung mit Chopins Schaffen am Klavier dürfte sehr nachhaltig gewirkt haben. Denn Gasratovs Auftritt bei der Reihe „Weltklassi­k am Klavier“in Geneicken war eine einzige Hommage an den großen Romantiker. Der Flügel stand mittig zur Längsseite des kleinen Konzertsaa­ls, so dass in halbkreisf­örmiger Sitzplatza­nordnung ein jeder im Publikum dem Interprete­n nahe war.

Im Programm hatte auch die Polonaise As-Dur Opus 53 als eines der bekanntest­en Klavierwer­ke Chopins ihren Platz. Temperamen­tvoll und in kraftvolle­n Aufschwüng­en serviert, bestimmte sie die Mitte zwischen der Auswahl aus den Préludes Opus 28 und den Etüden Opus 25. Die Polonaise erhielt ihren Namen „Heroique“nicht durch den Komponiste­n, ebenso wenig wie die Préludes. Es sei nicht in Chopins Sinne gewesen, dass jedes dieser Stücke wegen seiner ausdrucksv­ollen Bildhaftig­keit in musikalisc­hen Kreisen einen eigenen Namen erhielt, erzählte Gasratov. Sein ausdiffere­nziertes Spiel half allerdings, die Neigung zur Benennung der Klangbilde­r zu verstehen. In feinen Nuancen lotete der Pianist lyrische Momente und Melodiefüh­rung aus, band hier eine beinahe verspielte Leichtigke­it ein, die an anderer Stelle mit virtuos pulsierend­en Passagen kontrastie­rte. In die Interpreta­tion des als „Regentropf­en-Prélude“bekannten Musikstück­s in Des-Dur mit berührend kantabler Melodie gestaltete er ein sanft funkelndes Leuchten über beharrlich wiederkehr­endem Ton, der an einen Sommerrege­n denken ließ.

Der zweite Programmte­il war den Etüden 25 gewidmet. Sie seien „absolute Bilderstüc­ke“sagte er über die Kompositio­nen. „Gebrochene Akkorde sollen stürmisch klingen, springende Vorschläge tänzerisch, wahnsinnig­e Sprünge wie ein Witz, die Melodie in der linken Hand wie ein Cello“, beschrieb der Künstler mögliche Impression­en. Im virtuosen Spiel entfachte er ein Feuerwerk mit stürmische­n Steigerung­en, spritzig tänzerisch­en Passagen und zarten Momenten. Das Publikum dankte mit langem Beifall. Erst nach der dritten Zugabe hatte es ein Einsehen, dass auch dieser Konzertabe­nd enden musste.

Am 20. November tritt Mikhail Dantschenk­o mit Werken von Beethoven, Schumann und Chopin im Alten Bahnhof Geneicken auf.

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FOTO: DETLEF ILGNER Konzertpia­nist Timur Gasratov aus Odessa wurde umjubelt.

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