Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Ab in die Mitte
Die FDP möchte im Bundestag die Plätze tauschen – weg von der AfD.
BERLIN Als der sogenannte Vorältestenrat die Konstituierende Sitzung des neuen Bundestages nächsten Dienstag vorbereitete, galt noch einmal die alte Aufstellung. Auch die Frage, wer wo sitzen soll, sah der scheidende Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) als Aufgabe seiner Nachfolge an. Und so macht sich die neue Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP noch nicht sogleich bemerkbar, bleibt es zunächst wie gehabt: Vom Rednerpult aus gesehen sitzen die Linken ganz links, dann die SPD, die Grünen, die Union, die FDP und die AfD. Doch so dürfte es nicht bleiben. Denn die FDP will weg von der AfD, rein in die Mitte. Und sie findet dabei Unterstützung im Parlament.
„Damit niemand überrascht ist, haben wir den Wunsch schon mal hinterlegt“, sagt FDP-Fraktionsgeschäftsführer Florian Toncar. Auch 2017 hatten sie in die Mitte gewollt. Die Union konnte darauf verweisen, dass die FDP schon immer rechts von ihr saß. So hatte es sich bereits von Anfang der parlamentarischen Nachkriegsordnung entwickelt.
Die Sitzordnung ist nicht ohne Belang. Schon die üblichen Charakterisierungen einer Partei als eher links oder eher rechts ist auf die ersten Parlamente nach der französischen Revolution zurückzuführen. In der Deputiertenversammlung von 1814 fühlten sich die Adligen rechts vom Präsidenten am wohlsten. Sie standen künftig für Parteien, die das Bewahren in den Vordergrund rückten. Dagegen fanden sich die Vertreter des dritten Standes links vom Präsidenten ein. Sie standen von nun an für Arbeitervertreter, die die bestehende Ordnung von „links“verändern wollten.
Da die Liberalen häufig in linksgerichtete und national orientierte Gruppen zerfielen, ergibt sich für die Zeit bis 1949 kein einheitliches Bild. In den Landtagen wird es ebenfalls sehr unterschiedlich gehandhabt. In Nordrhein-Westfalen
sitzt die FDP neben der AfD, in Rheinland-Pfalz in der Mitte neben den Grünen und in Hessen musste sie 2018 aus der Mitte heraus zur AfD wechseln, weil CDU und Grüne als Koalition auch zusammen sitzen wollten.
Bei der Union im Bundestag gibt es bislang wenig Neigung, der FDP dieses Mal entgegenzukommen. „Auf die Idee, sich als Koalition in die Mitte des Plenums zu setzen und die Opposition auf die Plätze am Rand zu verweisen, ist in der Geschichte noch keine Koalition gekommen“, gibt der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Patrick Schnieder, zu Protokoll.
Eine Mehrheit kann über die Sitzordnung im Plenum verfügen. Insofern dürfte es zu Beginn des nächsten Jahres zu einem Umbau im Plenarsaal kommen. Wenn die wichtigeren Fragen geklärt sind: Wie sich die neue Regierung inhaltllich, personell und strukturell aufstellt und welche Bundestagsausschüsse in der Folge gebildet werden.