Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wie ein Bus Menschen in Korschenbroich zum Singen bringt
KORSCHENBROICH „Zusammen singen wir stärker“– das ist nicht nur das Motto der Deutschen Chorjugend mit ihren rund 90.000 Mitgliedern von Kinderchören. Auch Großeltern, Eltern, Kinder und Jugendliche machen am Montagnachmittag begeistert bei der Mitsingaktion auf dem Schulhof des Gymnasiums Korschenbroich mit. Es ist die erste Station des SingBus bei seiner Tour durch NRW. „In jedem Ort ein Kinderchor“lautet dessen Motto.
Am GyKo heißt es zunächst: Aufwärmen und einsingen. Unter fachlicher Anleitung reiben die Besucher ihre Hände, marschieren auf der Stelle und recken sich schließlich, als wollten sie den Himmel greifen. Etwas anspruchsvoller ist es, gleichzeitig zu singen und zu klatschen. Dies wird geradezu eine Lehrstunde für die Älteren. Denn die Jüngsten, ob auf dem Schoß der Mama sitzend, oder ganz forsch direkt an der Bühne stehend, treten den Beweis an: Sie haben den Dreh schnell raus und erledigen diese Koordinationsübung einfach kinderleicht.
Die kreative Mitsingaktion an der SingBus-Bühne endet mit einer Überraschung. Offensichtlich sollen die Besucher, insbesondere die Kinder, nach so viel Stimulanz bei einem langsamen Abschlusslied zur Ruhe kommen. Doch was nun angestimmt wird, dürfte kaum einem der Anwesenden bekannt sein. „Herbst ist da“– nein, nicht das allseits bekannte Kinderlied „Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da“, welches ja zudem eher schwungvoll ist – ist ein traditionelles englisches Volkslied aus dem 16. Jahrhundert. Dessen Text „Herbst ist da, bald ruhet das Land, sommerlich` Lied verklingt“zeigt Wirkung. Wo zuvor noch kleine Arme in die Luft geworfen wurden und lebendige, helle Stimmen erklangen, herrscht nun Ruhe. Die Kinder lauschen still. Fast hat man das Gefühl, als hätten sie ihre innere Aufnahmetaste gedrückt, um diesen Moment zu speichern.
Alina Gehlen, Musikpädagogische Tourmanagerin des Programms „Kinderchorland“, hat gezeigt: Singen setzt nicht nur in Bewegung, singen bewegt. Als nächstes kommt es zum Hauptakt dieses SingBusNachmittags. Der Korschenbroicher Mädchen- und Jungenchor hatte sich für einen Auftritt beworben und wurde ausgewählt. Elf Mädchen und zwei Jungen gehören dem Chor an, der 2004 gegründet wurde. Seit 2016 singen auch Jungen mit.
Kurz vor dem Auftritt ist noch etwas Zeit für Gespräche mit den Chormitgliedern. „Mein Lieblingslied ist „Das ist meine Stadt““, sagt Lidia (7). Der Song ist eine Art Liebeserklärung an die Heimatstadt Korschenbroich. Die Brüder Jan (15) und Till (12) gehen als Chorsänger ihrem gemeinsamen Hobby nach. Die größte Erfahrung aber hat Anna Bolten (19). Sie ist schon seit zwölf Jahren dabei.
Unter Leitung von Gabriele Auel-Knecht und am Piano begleitet durch Norbert Brendgen steht der Chor in zwei Reihen auf der Bühne – hinten sechs Jugendliche, vorne drei Kinder. Der erste Song ist der Gospel „Come and go to that land“. Ein starker Einstieg. Beim bekannten „Oh when the saints“wird es mehrstimmig. Auch das passt. Zu „Summertime“– legendär die Version von Ella Fitzgerald – ist die Bassstimme von Jan schon voller Ausdruck.
Schließlich singt Anna Bolten gefühlvoll und versiert ihr Solo zu „You raise me up“. Dann geht auch für Rangin (5) und Selina (7) ein toller Auftritt zu Ende. Ihre Mutter sitzt im Publikum. Die aus Syrien stammende Familie ist seit 2015 in Deutschland. Singen kann eben auch integrieren.