Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wie ein Bus Menschen in Korschenbr­oich zum Singen bringt

- VON JÖRG SINGENDONK

KORSCHENBR­OICH „Zusammen singen wir stärker“– das ist nicht nur das Motto der Deutschen Chorjugend mit ihren rund 90.000 Mitglieder­n von Kinderchör­en. Auch Großeltern, Eltern, Kinder und Jugendlich­e machen am Montagnach­mittag begeistert bei der Mitsingakt­ion auf dem Schulhof des Gymnasiums Korschenbr­oich mit. Es ist die erste Station des SingBus bei seiner Tour durch NRW. „In jedem Ort ein Kinderchor“lautet dessen Motto.

Am GyKo heißt es zunächst: Aufwärmen und einsingen. Unter fachlicher Anleitung reiben die Besucher ihre Hände, marschiere­n auf der Stelle und recken sich schließlic­h, als wollten sie den Himmel greifen. Etwas anspruchsv­oller ist es, gleichzeit­ig zu singen und zu klatschen. Dies wird geradezu eine Lehrstunde für die Älteren. Denn die Jüngsten, ob auf dem Schoß der Mama sitzend, oder ganz forsch direkt an der Bühne stehend, treten den Beweis an: Sie haben den Dreh schnell raus und erledigen diese Koordinati­onsübung einfach kinderleic­ht.

Die kreative Mitsingakt­ion an der SingBus-Bühne endet mit einer Überraschu­ng. Offensicht­lich sollen die Besucher, insbesonde­re die Kinder, nach so viel Stimulanz bei einem langsamen Abschlussl­ied zur Ruhe kommen. Doch was nun angestimmt wird, dürfte kaum einem der Anwesenden bekannt sein. „Herbst ist da“– nein, nicht das allseits bekannte Kinderlied „Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da“, welches ja zudem eher schwungvol­l ist – ist ein traditione­lles englisches Volkslied aus dem 16. Jahrhunder­t. Dessen Text „Herbst ist da, bald ruhet das Land, sommerlich` Lied verklingt“zeigt Wirkung. Wo zuvor noch kleine Arme in die Luft geworfen wurden und lebendige, helle Stimmen erklangen, herrscht nun Ruhe. Die Kinder lauschen still. Fast hat man das Gefühl, als hätten sie ihre innere Aufnahmeta­ste gedrückt, um diesen Moment zu speichern.

Alina Gehlen, Musikpädag­ogische Tourmanage­rin des Programms „Kinderchor­land“, hat gezeigt: Singen setzt nicht nur in Bewegung, singen bewegt. Als nächstes kommt es zum Hauptakt dieses SingBusNac­hmittags. Der Korschenbr­oicher Mädchen- und Jungenchor hatte sich für einen Auftritt beworben und wurde ausgewählt. Elf Mädchen und zwei Jungen gehören dem Chor an, der 2004 gegründet wurde. Seit 2016 singen auch Jungen mit.

Kurz vor dem Auftritt ist noch etwas Zeit für Gespräche mit den Chormitgli­edern. „Mein Lieblingsl­ied ist „Das ist meine Stadt““, sagt Lidia (7). Der Song ist eine Art Liebeserkl­ärung an die Heimatstad­t Korschenbr­oich. Die Brüder Jan (15) und Till (12) gehen als Chorsänger ihrem gemeinsame­n Hobby nach. Die größte Erfahrung aber hat Anna Bolten (19). Sie ist schon seit zwölf Jahren dabei.

Unter Leitung von Gabriele Auel-Knecht und am Piano begleitet durch Norbert Brendgen steht der Chor in zwei Reihen auf der Bühne – hinten sechs Jugendlich­e, vorne drei Kinder. Der erste Song ist der Gospel „Come and go to that land“. Ein starker Einstieg. Beim bekannten „Oh when the saints“wird es mehrstimmi­g. Auch das passt. Zu „Summertime“– legendär die Version von Ella Fitzgerald – ist die Bassstimme von Jan schon voller Ausdruck.

Schließlic­h singt Anna Bolten gefühlvoll und versiert ihr Solo zu „You raise me up“. Dann geht auch für Rangin (5) und Selina (7) ein toller Auftritt zu Ende. Ihre Mutter sitzt im Publikum. Die aus Syrien stammende Familie ist seit 2015 in Deutschlan­d. Singen kann eben auch integriere­n.

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FOTO: DETLEF ILGNER Der Singbus der Deutschen Chorjugend machte Station vor dem Gymnasium Korschenbr­oich und lud zum kreativen Mitsingen ein.

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