Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„Die Kinder brauchen das Lächeln“
Monika Natrup, Sprecherin der Erkelenzer Grundschulen, begrüßt das Vorhaben, ab November die Maskenpflicht im Unterricht aufheben zu wollen. Zuspruch gibt es vom Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein.
ERKELENZER LAND Allen kann man es sowieso nie recht machen. Diese Erfahrung mussten die politischen Entscheidungsträger besonders in den anderthalb Jahren Pandemie immer wieder aufs Neue machen. Egal ob Verschärfung oder Lockerung einer Maßnahme, aus irgendeiner Richtung gab es immer Kritik – meist auch irgendwo begründet. Das bedeutet, dass es abzuwägen gilt, ob Chance oder Risiko überwiegt.
Keineswegs unumstritten ist auch der Plan der NRW-Landesregierung, ab November die Maskenpflicht an den Schulen aufzuheben. Nach Allerheiligen, so ist es zumindest angedacht, sollen die Schülerinnen und Schüler an ihren Sitzplätzen in den Klassenräumen die Mund-Nase-Bedeckungen wieder abnehmen dürfen. Im Übrigen Schulgebäude, insbesondere auf den Fluren, gelte sie jedoch weiterhin. Auf dem Pausenhof hingegen gibt es keine Maskenpflicht mehr. Eine endgültige Entscheidung wird erst nach den Herbstferien fallen, wenn die Kinder wieder zurück in den Schulen sind.
„Mit den Maßnahmen für Kinder müssen wir jetzt durch sein. Wir sind dankbar für alle Erleichterungen“Axel Gerschlauer Kinder- und Jugendarzt
Doch ist diese Maßnahme wirklich sinnvoll? Noch ist die SiebenTage-Inzidenz im Kreis Heinsberg zwischen 30 und 40 (39,4 am 19. Oktober), nach den Sommerferien war diese aber rasant auf zwischenzeitlich 134 angestiegen. Auf der anderen Seite registrieren die Behörden immer mehr Impfungen auch bei unter 18-Jährigen. Wenn auch langsam, der Anteil der Geimpften steigt. Das tun allerdings auch die bundesweiten Fallzahlen. Zu Beginn dieser Woche wurden 30 Prozent mehr positive Fälle gemeldet als vor einer Woche.
Monika Natrup, Sprecherin der Erkelenzer Grundschulen, begrüßt das Vorhaben der NRW-Landesregierung. „Wir freuen uns sehr darüber, besonders für die Kinder“, sagt sie. Ein Unterricht ohne Maske erleichtere den Alltag ungemein. „Die Kinder brauchen die Mimik, das Lächeln und die Gesichter“, betont Natrup. Das sei zum einen bei den Lerninhalten von hoher Bedeutung, wo die Kinder vermehrt auch auf die korrekte Aussprache achten müssten, etwa beim Erlernen von Fremdsprachen. Doch auch alleine schon für das allgemeine Wohlbefinden sei es elementar zu sehen, dass das Gegenüber auch Lachen kann.
Generell möchte Monika Natrup die Masken beziehungsweise die
Maskenpflicht im Unterricht aber nicht verteufeln. Eine Zeit lang sei es die absolut richtige Maßnahme gewesen. Viele der Kinder haben die Maske inzwischen als eine Selbstverständlichkeit hingenommen. Auch wenn ein Schultag mit Mund- und Nasenschutz durchaus anstrengender ist, Jammern hat Natrup kaum vernommen. Dennoch glaubt sie, dass es eine Erleichterung sein wird, wenn der Unterricht wieder komplett vis-à-vis stattfinden kann. Ohne regelmäßige Testungen sei dies sicher ein riskanter Schritt, doch in Zusammenhang mit den Tests hält die Schulleiterin den Schritt für angemessen.
Ähnliche Töne schlägt auch Axel Gerschlauer an. Der Mediziner aus Bonn ist Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein. In einem Interview hatte er sich erst kürzlich dafür stark gemacht, die Maskenpflicht an den Grundschulen aufzuheben. „Mit den Maßnahmen für Kinder und Jugendliche müssen wir jetzt durch sein. Wir sind dankbar für alle Erleichterungen, die es gibt“, sagt Gerschlauer. Was zu einem früheren Zeitpunkt der Pandemie richtig war, müsse es jetzt nicht mehr sein. Es gehe nicht mehr darum, Infektionen um jeden Preis zu vermeiden. „Alle Lehrer, Erzieher und Co. hatten die Chance, sich impfen zu lassen. Ihr Schutz darf nicht mehr auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden“, betont der Kinderund Jugendarzt.
Und was ist mit dem zunehmenden Anstieg an anderen Atemwegserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen? „Die Immunsysteme sind aufgrund der ganzen Maßnahmen nichts mehr gewöhnt. Im Grunde sind das alles Nachholinfekte, die früher oder später zwangsläufig auftreten auf dem Weg in Richtung Normalität“, sagt Gerschlauer.
In diesem Punkt verweist Monika Natrup auf die strengen Regeln bei Erkältungen. „Wer nur Schnupfen hat, darf nach 24 Stunden wieder zurück in den Unterricht, die Kinder mit anderen Symptomen müssen so lange ausharren, bis etwa Husten oder erhöhte Temperaturen ganz abgeklungen sind“, sagt sie. Erkältungen, gerade zur kalten Jahreszeit, habe es schon immer gegeben. Gewissermaßen ist dies also auch ein Schritt hin zu mehr Normalität.