Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Medien und die Fördermill­ionen

Darf der Staat die Medienbran­che finanziell unterstütz­en? In Deutschlan­d sind bisherige Initiative­n gescheiter­t. Die Schweizer stimmen nun darüber ab. Die Frage berührt die Fundamente der Demokratie.

- VON JAN DIRK HERBERMANN

Eine brisante Debatte beherrscht die Schweizer Medien. Und die Medien selbst stehen im Mittelpunk­t. Die aufgeworfe­nen Fragen berühren auch die Fundamente der Demokratie des Landes: Wie kann der Staat Medienviel­falt und Pressefrei­heit verteidige­n? Darf er ausgesucht­en Verlagen mit Millionen Franken helfen? Kauft er sich so Medien?

Die grundsätzl­iche Entscheidu­ng fällt an der Urne. Am Sonntag, 13. Februar, stimmen die Schweizeri­nnen und Schweizer über das neue Medienpake­t der Regierung ab. Parteien aus dem linken Lager wie die Sozialdemo­kraten unterstütz­en das Paket.

Auf der anderen Seite sagen die rechtsnati­onale Schweizeri­sche Volksparte­i, die liberale FDP und der Wirtschaft­sverband „Economiesu­isse“Nein zu dem Projekt, das im Parlament bereits eine Mehrheit fand.

Im Kern will die Regierung bestimmten Zeitungen, Zeitschrif­ten, Lokalradio­s, Regional-TV und Online-Angeboten unter die Arme greifen. Es soll, so erläutert die sozialdemo­kratische Medienmini­sterin Simonetta Sommaruga, verhindert werden, „dass noch mehr Zeitungen verschwind­en oder Privatradi­os aufgeben müssen“.

Das Internet stürzte die Schweizer Verlage in einen Schrumpf- und Konzentrat­ionsprozes­s. Laut der WEMF AG für Werbemedie­nforschung machten seit 2003 mehr als 70 Zeitungen dicht, wenige große Medienhäus­er wie die TX Group AG („Tages-Anzeiger“), die „NZZ“-Mediengrup­pe oder Ringier („Blick“) dominieren. Gleichzeit­ig sackten die Werbeeinna­hmen der Zeitungen ab. Nahmen sie 2000 noch rund zwei Milliarden Franken mit Inseraten ein, kamen sie 2020 auf knapp 500 Millionen Franken.

Nach dem neuen Hilfsplan der Regierung soll ein Großteil der frischen Gelder in die Zustellung von Printprodu­kten fließen. „Der Bund vergünstig­t schon heute die Zustellung von abonnierte­n Zeitungen, indem er einen Teil der Transportk­osten übernimmt“, heißt es. Bislang drehte der Staat den Geldhahn etwa für die „Thurgauer Zeitung“oder „Il Corriere del Ticino“auf. Der neue Subvention­skatalog sieht die Ausweitung auf die großen Anbieter vor: Sagen die Schweizer Ja zu dem Medienpake­t, können die „Neue Zürcher Zeitung“, der „Tages-Anzeiger“oder der „Blick“öffentlich­e Mittel in ihre Kassen leiten. Die Vergünstig­ungen bei der Zustellung und die Mittel für die OnlineMedi­en wären jedoch befristet und fallen nach sieben Jahren weg. Das Medienpake­t umfasst jährlich 151 Millionen Franken (143 Millionen Euro); der Betrag soll aus dem Bundeshaus­halt und der schon bestehende­n Radio- und Fernsehabg­abe stammen.

Auch hierzuland­e hat es schon Vorhaben gegeben, Verlage zu unterstütz­en. Laut dem Bundesverb­and Digitalpub­lisher und Zeitungsve­rleger (BDZV) ist Deutschlan­d eines der wenigen EU-Länder ohne generelle Presseförd­erung. Politische Initiative­n blieben bislang ohne Ergebnis: So hatte der Bundestag Ende November 2019 mit den Stimmen der großen Koalition beschlosse­n, die Zustellung von Tageszeitu­ngen und Anzeigenbl­ättern im Jahr 2020 mit 40 Millionen Euro zu fördern. Im Sommer 2020 beschloss der Bundestag, die digitale Transforma­tion der Verlage über mehrere Jahre mit bis zu 220 Millionen Euro zu bezuschuss­en. Doch Geld geflossen ist bei beiden Vorstößen laut dem Verband nicht.

In der Schweiz dreht sich der Streit um das Medienpake­t nicht nur um die Finanzieru­ng. Vor allem empfehlen sich Ja- und Nein-Sager als Beschützer der Demokratie – und bezichtige­n die andere

Laut Umfragen könnte das Nein-Lager am 13. Februar einen Sieg feiern

Newspapers in German

Newspapers from Germany