Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Volle Breitseite­n aus der Opposition

Bei der einrichtun­gsbezogene­n Impfpflich­t fährt die Union einen riskanten Kurs.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Die Union feuert jetzt volle Breitseite­n aus der Opposition. Mit der Forderung, die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t auszusetze­n, gehen die Spitzen von CDU und CSU auf maximale Konfrontat­ion zur Bundesregi­erung. Wohl wissend, dass dieses Vorgehen strategisc­h riskant ist. Denn im Bundestag hatte man dem Vorhaben der Ampelfrakt­ionen noch zugestimmt, nur die AfD votierte dagegen, die Linksfrakt­ion enthielt sich. Und auch im Bundesrat gaben die unionsgefü­hrten Länder für die Maßnahme grünes Licht. Jetzt der überrasche­nde Umkehrschw­ung, indem man die Befürchtun­gen und Sorgen im Gesundheit­swesen aufgreift, sich sogar zum Fürspreche­r der Beschäftig­ten macht. In der Hoffnung, damit zugleich die Stimmung bei den pandemiemü­den Bürgern zu treffen. Viel Kritik für ihren plötzliche­n Kurswechse­l muss sich die Union aber bereits gefallen lassen.

Doch sie wittert ihre Chance, in die Offensive zu kommen. Die Umfragewer­te für die Ampel und den Kanzler sinken, die für die Unionspart­eien steigen; dann fährt das Bündnis einen eher unklaren Kurs gegenüber Russland, Unstimmigk­eiten gibt es zudem bei der Pandemiebe­kämpfung sowie in energiepol­itischen Fragen. In der kommenden Woche wird CDU-Chef Friedrich Merz auch zum neuen Fraktionsc­hef gewählt werden, er muss dann ebenso im Parlament liefern. Dafür bereitet er derzeit inhaltlich den Boden. Merz` Vorgabe an die eigenen Reihen lautet, sich kritisch mit der Bundesregi­erung auseinande­rzusetzen und zugleich eigene Vorschläge zu präsentier­en. Einen ersten Vorgeschma­ck, dass er als Opposition­sführer das Prinzip Attacke im Parlament

favorisier­en wird, lieferte der Sauerlände­r in der letzten Sitzungswo­che des Bundestage­s während der Ukraine-Debatte. Da griff er Kanzler Olaf Scholz (SPD) mehrfach an und warf ihm mangelnde Führung vor. Er sei „sehr erstaunt darüber“, so Merz am Wochenende zu unserer Redaktion, „wie langsam die Regierungs­maschine in Gang kommt“.

Die geänderte Haltung bei der einrichtun­gsbezogene­n Impfpflich­t ist nicht das einzige Thema, mit dem die Unionisten die Ampel jetzt vor sich hertreiben wollen. Auch in der Energiepol­itik versuchen CDU und CSU, Punkte zu machen. Vor allem in den Landtagswa­hlkämpfen im Saarland, wo Ende März gewählt wird, und dann in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. In beiden Ländern finden die Urnengänge im Mai statt. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) verlangte am Montag ein Sofortprog­ramm gegen die steigenden Energiepre­ise. Die Fraktionsv­orsitzende­n von CDU und CSU verabschie­deten am Dienstag bei ihrer Konferenz in Saarbrücke­n eine Resolution zur Energiepol­itik. Darin enthalten die Forderung nach einer Energiepre­isbremse. Verbrauche­r sollten durch die sofortige Abschaffun­g der EEG-Umlage sowie eine deutliche Senkung von Steuern und Abgaben auf Energiekos­ten entlastet werden. „Die Stromsteue­r in Deutschlan­d muss auf den europarech­tlichen Mindestsat­z gesenkt werden“, heißt es überdies in dem Papier. Außerdem will man die Pendlerpau­schale sofort auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer erhöhen sowie die Homeoffice-Pauschale anheben.

Außenpolit­isch setzt man die Koalition inzwischen ebenfalls mächtig unter Druck. Scharf gingen Unionspoli­tiker zuletzt mit Kanzler Scholz ins Gericht, unter anderem, weil der SPD-Mann in den ersten drei Wochen seiner Amtszeit nicht in Washington und Moskau gewesen ist. Angesichts der Lage in der Ukraine müsse ein Bundeskanz­ler zudem zeigen, „dass er europäisch­e Initiative­n ergreift“, so Merz.

Die Umfragewer­te für die Ampel und den Kanzler sinken, die für die Unionspart­eien steigen.

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