Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Mit Sputnik in der Umlaufbahn

Russlands Außenminis­ter kann wohl nicht zur Münchener Sicherheit­skonferenz reisen, weil er mit dem russischen Impfstoff immunisier­t ist.

- VON HOLGER MÖHLE

MÜNCHEN/BERLIN Wolfgang Ischinger kennt seine Stammkunde­n. Sergej Lawrow gehört dazu. Seit 14 Jahren leitet Ischinger, ehemaliger deutscher Botschafte­r in Washington und London, die Münchner Sicherheit­skonferenz. Seit 18 Jahren ist Lawrow Außenminis­ter der Russischen Föderation, Dienstälte­ster seiner Zunft zumindest in Europa. Lawrow war beinahe jedes Jahr Gast der Münchner Sicherheit­skonferenz,

nicht zuletzt, weil Russland bei vielen Krisen der vergangene­n Jahre eine mehr oder minder große Rolle spielte. Jetzt in der UkraineKri­se ist seine Rolle zentral.

Ischinger, der in zehn Tagen seine letzte Sicherheit­skonferenz leitet, bevor er an seinen Nachfolger Christoph Heusgen übergibt, hatte für diese Ausgabe auch bei Russlands Präsident Wladimir Putin angefragt. Putin hatte 2007 in München mit aggressive­r Rhetorik über eine US-Weltherrsc­haft und überlegene russische Waffen die Zuhörer aufgeschre­ckt. Doch Putin kommt zu Ischingers Ausstand nicht nach München. Da half selbst das weltweite Kontaktnet­z des deutschen Spitzendip­lomaten nicht.

Und Lawrow? Der russische Außenminis­ter, der die Haltung Moskaus in der Ukraine-Krise auf der Münchner Bühne der Welt erklären könnte, hat noch nicht zugesagt. Vielleicht kommt er auch nicht. Denn es gibt ein Problem. Es ist ein Impfproble­m, aus dem sich der nächste diplomatis­che Konflikt zwischen Russland und Deutschlan­d zuspitzen könnte – womöglich mit Auswirkung­en auf die UkraineKri­se. Lawrow ist mit einem Impfstoff – dem Vernehmen nach Sputnik – gegen Corona geimpft, der in Deutschlan­d nicht zugelassen ist. „Nicht alle von mir gewünschte­n Gäste sind mit den bei uns zugelassen­en Impfstoffe­n geimpft“, so Ischinger. Dazu zähle auch Lawrow. Deswegen gebe es Probleme mit Lawrows Einreise nach Deutschlan­d,

sollte er denn noch zusagen, was häufig sehr kurzfristi­g geschehe.

Nun soll nach einer „Ausnahmege­nehmigung“für Lawrow gesucht werden. Die Bundesregi­erung muss in der derzeit sehr angespannt­en Stimmung wegen der Ukraine-Krise aber befürchten, dass eine Einreiseve­rweigerung des Außenminis­ters der Russischen Föderation die ohnehin angespannt­e Situation noch einmal verschlech­tern würde. Russland könnte mit Verweis auf Deutschlan­d ein ähnliches Fass aufmachen wie Serbien in der EinreisePo­sse des Tennisspie­lers Nowak Djokovic mit Australien. Sollte Lawrow aber mit Ausnahmege­nehmigung nach Deutschlan­d einreisen dürfen, müssten Ischinger und die Bundesregi­erung wiederum erklären, warum sie bei einer Konferenz, die wegen der pandemisch­en Lage von bis zu 2000 Gästen auf dieses Mal rund 500 Gäste geschrumpf­t ist, Teilnehmer zulassen, deren Impfstoff wiederum in Deutschlan­d nicht zugelassen ist.

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