Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Weimarer Dreieck wieder vereint
Scholz, Macron und Duda sprechen, wie Putin in Schach zu halten ist.
MOSKAU/KIEW/BERLIN Für Emmanuel Macron gibt es kein Küsschen links und rechts, wie früher bei der vom Franzosen verehrten Kanzlerin üblich. Doch ihn erwartet fast schon eine kuschelige Atmosphäre im Hause Scholz im Vergleich zum kühlen Empfang in Moskau. Dort platzierte der russische Präsident Wladimir Putin – wohl aufgrund seiner ausgeprägten Corona-Angst – den Staatschef aus Paris am anderen Ende eines gigantischen weißen Konferenztisches. Im Kanzleramt steht Macron am Dienstagabend direkt neben Olaf Scholz und dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda.
Deutschland, Frankreich und Polen bilden in der Außenpolitik seit 1991 das Format des Weimarer Dreiecks. Mitinitiator war der legendäre FDP-Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Das erste Treffen fand in Weimar statt. Doch auf Spitzenebene herrschte elf lange Jahre Funkstille. Scholz hat das Weimarer Dreieck reaktiviert. Das fügt sich. Berlin hat den Vorsitz im mächtigen G7-Industriestaatenclub,
Paris führt die EUStaaten an, Warschau die OSZE. „Ein wenig historisch ist dieses Treffen also schon“, sagte der Kanzler. „Unser gemeinsames Ziel ist es, einen Krieg in Europa zu verhindern.“Sollte Russland in die Ukraine einfallen, würde das weitreichende politische, wirtschaftliche und geopolitische Konsequenzen für Moskau nach sich ziehen. Am Montag hatte sich Scholz in Washington mit US-Präsident Joe Biden abgestimmt. „Wir waren uns darüber vollkommen einig“, betonte Scholz. Biden hatte Putin gewarnt, bei einem Einmarsch würde die Gaspipeline Nord Stream 2, mit der Russland noch mehr Gas unter der Umgehung der Ukraine nach Europa liefern will, beerdigt. Scholz trägt dies wohl mit, sprach es aber nicht offen aus.
Duda erklärte, die Lage in Europa sei so schwierig wie seit 1989 nicht mehr. Beispiellos viele russische Truppen an der Grenze zur Ukraine, das gemeinsame Manöver mit Belarus vom 10. bis zum 20. Februar mit geschätzt 30.000 russischen Soldaten. „Was passiert dann?“Europa müsse Völkerrecht schützen, darauf habe Kiew auch als Nicht-EUund Nicht-Nato-Mitglied Anspruch. Duda kam aus Peking, wo er am Rande von Olympia mit Staatschef Xi Jinping sprach. Peking und Moskau sind enger gegen den Westen zusammengerückt. Macron betonte, das Normandie-Format (Berlin, Paris, Moskau, Kiew) sei der Rahmen für eine Lösung. Der Dialog mit Putin sei wichtig, „um jegliches Risiko einer Eskalation zu vermeiden“. In Moskau war Macron nicht weitergekommen. Nächste Woche reist Scholz zu Gesprächen nach Kiew und Moskau.