Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Lindner offen für höhere Pendlerpauschale
Kaum steigen die Spritpreise, diskutiert die Ampel, ob Arbeitnehmer unterstützt werden können. Dabei förderte das den CO2-Ausstoß.
BERLIN Bundesfinanzminister Christian Lindner ist wegen der hohen Energiepreise offen für eine Erhöhung der Pendlerpauschale für Arbeitnehmer. „Wenn es da eine Einigung gäbe, daran etwas zu tun, würde es am Finanzminister nicht scheitern“, sagte der FDP-Chef am Dienstag in der Sendung „RTL Direkt“. „Denn in der Tat, in der breiten Mitte der Gesellschaft sind Menschen betroffen von den steigenden Energiekosten. Und wenn es in der deutschen Politik – da ist ja auch der Bundesrat betroffen, die Länder, da sind die Koalitionspartner von SPD und Grünen, die mitsprechen –, wenn es also ein Einvernehmen in Deutschland gibt, wir tun da etwas, auch im Bereich der Entfernungs- und Pendlerpauschale, dann würde es am Finanzminister nicht scheitern – im Gegenteil“, sagte Lindner.
Die Pauschale beträgt seit Anfang des Jahres ab dem ersten Kilometer 30 Cent und ab dem 21. Kilometer 35 Cent pro Kilometer. 2024 soll sie auf 38 Cent steigen und ab 2027 wieder auf 30 Cent sinken. Wer lange Wege zur Arbeit zurücklegt, kann entsprechend größere Beträge bei seinem Arbeitgeber als Spesen oder in der Steuererklärung als Werbungskosten geltend machen. Umweltpolitiker und die Grünen hatten bisher die Abschaffung der Pauschale gefordert, weil sie den klimaschädlichen Verbrauch fossiler Energien im Verkehr fördert.
Lindner hatte in den Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen
jede Form der Steuererhöhung abgelehnt – und auch die Abschaffung der Pendlerpauschale als eine solche begriffen. Die Grünen sehen das eigentlich anders: Sie betrachten die Pauschale als ökologisch schädliche Subvention und als Hindernis auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045. Doch wiederholen wollten führende Grüne diese Position auf Anfrage nicht mehr.
Lindner nannte die Energiepreissteigerungen „ein enormes soziales, enormes wirtschaftliches Problem“. Die Entscheidung, die ÖkostromUmlage, die die Stromrechnung verteuert, ab 1. Juli zu streichen, müsse schnell fallen: „Das entlastet einen privaten Haushalt mit durchschnittlich rund 150 Euro im Jahr. Und auch darüber hinausgehende Schritte müssen wir gehen.“
Die Landkreise begrüßten den Vorstoß. Präsident Reinhard Sager sagte: „Das ist das richtige Signal. In Anbetracht steigender Energiepreise ist es mehr als nachvollziehbar, die gestiegenen Kosten für den Arbeitsweg von der Steuer absetzen zu können.“
Die Union hatte die Regierung bereits am Wochenende zur Anhebung der Pendlerpauschale aufgefordert. „Die neue Bundesregierung könnte den massiven Preisanstieg bei den Energiekosten dämpfen, indem sie staatliche Abgaben senkt“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz der „Bild am Sonntag“. ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand forderte die sofortige Erhöhung der Pendlerpauschale bereits ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent pro Kilometer: „Die Belastung durch die immens gestiegenen Spritpreise droht dazu zu führen, dass sich viele Berufspendler teilweise die Fahrt zur Arbeit nicht mehr leisten können.“
Unterstützung kam auch von der SPD. „Wir müssen die Entwicklung der Energiepreise weiter im Blick behalten. Wir sollten das Geld jedoch nicht mit der Gießkanne verteilen, sondern zielgenau an Menschen richten, die aufgrund ihres Einkommens oder weiterer Umstände, etwa Pendler, besonders betroffen sind“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch unserer Redaktion: „Gerade viele Pendlerinnen und Pendler sind auch von steigenden Kraftstoffkosten betroffen und können nicht einfach umsteigen, sodass ich es richtig finde, auch bei der Pendlerpauschale zielgerichtet Härten auszugleichen.“