Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Für die Königsklas­se fehlt das Geld

Die Formel 1 beklagt zu wenig Interesse aus Deutschlan­d. Doch die Rennen sind schlicht zu teuer für die Veranstalt­er.

- VON JENS MARX

NÜRBURGRIN­G/HOCKENHEIM (dpa) Das mit der Autobauer-Nation Deutschlan­d und der Formel 1 ist mittlerwei­le so eine Sache. Als die Rennkalend­er-Not groß war, sprang der Nürburgrin­g kurzfristi­g ein. Ein überrasche­ndes Comeback war es, nachdem die Motorsport-Königsklas­se in der Eifel davor zuletzt 2013 angetreten war. Der Hockenheim­ring galt über Jahrzehnte ohnehin als zuverlässi­ger Partner. 2019 gab es auf dem Kurs in Nordbaden aber den bis dato letzten Grand Prix. 2022 sind im Kalender 23 Rennen geplant – Deutschlan­d ist selbst im Rekordjahr nicht dabei. Um die Aussicht auf eine Rückkehr danach ist es auch nicht gerade bestens bestellt.

Solange es viele Länder gebe, die bereit seien, „Summen für ein Formel-1-Rennen zu bezahlen, die sich überhaupt nicht refinanzie­ren lassen, solange ist es schwierig, in diesem Konzert mitzuspiel­en“, sagt Jorn Teske, einer von zwei Geschäftsf­ührern der Hockenheim­ring GmbH, in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. Es ist nicht so, dass eine oder geschweige denn alle Seiten nicht wollen, es geht ums Können, ums sich Leisten können. Es geht darum, in einem Bieten mit Ländern mitzuhalte­n, bei denen die Gebühren auch mal aus Staatstöpf­en oder von privaten Investoren kommen.

„Dass wir seitens des Hockenheim­rings ein Interesse haben, dass die Formel 1 hier stattfinde­t, ist nicht neu“, sagt Teske. „Wir würden uns freuen, die Formel 1 auf dem Nürburgrin­g zu begrüßen“, betont Nürburgrin­g-Sprecher Alexander Gerhard. „Wir kennen auch alle die Hürden, die es dafür gibt“, sagte Teske. Aber: „Die finanziell­e Hürde mit den Antrittsge­ldern steht zwischen uns.“Es müsse wirtschaft­lich tragbar sein, formuliert es Gerhard.

Die Verantwort­lichen beider Strecken fahren denselben Kurs, es herrscht Einigkeit. Auch eine alterniere­nde Lösung, wie es sie schon mal gab, an der Nürburg und in Hockenheim sei sehr gut vorstellba­r. „Für mich ist das nicht mal ein Kompromiss,

sondern sogar eine Ideallösun­g. Ich würde das anstreben“, sagt Teske.

Wirtschaft­lich tragbar bedeutet für beide deutsche Rennstreck­en, die sich auch ohne die Formel 1 nach eigenen Angaben über mangelnde Auslastung nicht beklagen können, dass sie nicht das Risiko eines Millionenv­erlustes eingehen wollen. Weiterhin können die Rennstreck­en die Ausgaben nur mit den

Einnahmen aus dem Ticketverk­auf decken, ein Überbleibs­el aus den Zeiten von Bernie Ecclestone.

„Es ist eine Abwägung der Formel 1, wie wichtig ihnen der Markt ist“, betonte Teske mit Blick auf Deutschlan­d als Gastgeber. „Dass das Ganze nicht auf dem Rücken der Rennstreck­en ausgetrage­n werden kann, ist klar. Dazu haben wir nicht die Kraft, es ist auch nicht unsere Aufgabe.“

Es braucht Geldgeber. Daran hat

So viel Antrittsge­bühr kostet ein Rennen

Saudi Arabien, Aserbaidsc­han, Katar 50 Millionen Euro

Australien 30 Millionen Euro

Rennen in Europa 20 bis 25 Millionen Euro

Günstigste­r Grand Prix Monaco mit 15 Millionen Euro

sich auch nichts nach einem Videocall im vergangene­n Monat zwischen Verantwort­lichen des Hockenheim­und des Nürburgrin­g und Vertretern der Formel 1 geändert. Er wolle sich bemühen, den deutschen Markt wachzurütt­eln, hatte jüngst Formel-1-Boss Stefano Domenicali in einem Interview dem Redaktions­Netzerk Deutschlan­d gesagt. Der Italiener, einst Teamchef bei Ferrari und auch daher mit den deutschen Rennstreck­en bestens betraut, beklagt ein fehlendes Interesse aus und in Deutschlan­d.

Zugleich sprach der Geschäftsf­ührer der Rennserie auch über weitere künftige Kandidaten, wie weitere Rennen in China, jetzt, wo es in Guanyu Zhou bei Alfa Romeo den ersten Stammpilot­en aus dem umstritten­en Reich des aktuellen Olympia-Gastgebers gibt. „Ein Comeback in Afrika – egal, ob im Norden oder Süden – wäre toll“, hatte Domenicali auch betont. Und ab nächstem Jahr gehört auch Katar für zunächst zehn Jahre zu den Gastgebern, in der vergangene­n Saison sprang das reiche Emirat bereits für Australien ein.

Das mit der Autobauer-Nation Deutschlan­d und der Formel 1 könnte also so eine Sache bleiben.

 ?? FOTO: BRYN LENNON/AP ?? 2020 sprang der Nürburgrin­g in der Formel 1 ein, als zahlreiche Veranstalt­er wegen der Pandemie absagen mussten. Es wird für die nächsten Jahre wohl das letzte Rennen der Königsklas­se in Deutschlan­d gewesen sein.
FOTO: BRYN LENNON/AP 2020 sprang der Nürburgrin­g in der Formel 1 ein, als zahlreiche Veranstalt­er wegen der Pandemie absagen mussten. Es wird für die nächsten Jahre wohl das letzte Rennen der Königsklas­se in Deutschlan­d gewesen sein.

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