Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Der Weg zur neuen Grundsteue­r

Das Finanzamt fragt in Kürze bei mehr als 65.000 Grundstück­seigentüme­rn in Mönchengla­dbach Merkmale zu den Immobilien ab. Daraus wird die neue Grundsteue­r ab 2025 berechnet. Manche werden mehr, manche weniger zahlen müssen.

- VON ANDREAS GRUHN UND JULIA MARIE BRAUN ARCHIVFOTO: THEO TITZ

MÖNCHENGLA­DBACH Das Finanzamt wird sich in den kommenden Monaten bei Zehntausen­den Mönchengla­dbachern melden und erfragen: Wie wohnt ihr eigentlich? Das ist überspitzt formuliert das, was die Behörde von Grundstück­seigentüme­rn wissen will, damit ab Januar 2025 die Reform der Grundsteue­r funktionie­rt. Jeder Grundstück­seigentüme­r ist davon betroffen, denn jeder muss für seinen Grund und Boden (und die darauf stehenden Immobilien) diese Grundsteue­r an die Stadt bezahlen. Die Höhe allerdings kann sich deutlich ändern mit der Reform. Und dafür klopft nun in Kürze das Finanzamt mit seinen wesentlich­en Fragen an.

Wie viele Gladbacher sind von der Grundsteue­r betroffen? Grundsätzl­ich gibt es ja zwei Arten von Grundsteue­r, nämlich die Grundsteue­r A für landwirtsc­haftlich genutzte Flächen und die Grundsteue­r B für alle weiteren Grundstück­e. In diesem Jahr gingen rund 3000 Bescheide heraus an rund 2750 Steuerpfli­chtige der Grundsteue­r A und etwa 89.000 Bescheide an 64.000 Steuerpfli­chtige der Grundsteue­r B. Also wird etwa jeder vierte Gladbacher Fragen des Finanzamte­s zu seinem Grundbesit­z beantworte­n müssen. Und indirekt könnten dann am Ende auch alle Mieter einer Wohnung, eines Hauses oder eines Büros über die zu zahlende Miete eine veränderte Grundsteue­r spüren – wenn der Vermieter diese auf die Mieter umlegt.

Was ändert sich jetzt? Die Grundsteue­r wird heute noch auf Basis alter Einheitsbe­wertungen berechnet. Das geht nicht mehr, befand das Bundesverf­assungsger­icht 2018. Die Kosten für vergleichb­ar große und alte Grundstück­e, die in ähnlicher Lage sind, haben sich aufgrund der veralteten Ermittlung­en über die Jahrzehnte immer weiter voneinande­r entfernt. An manchen Orten zahlen Menschen trotz einer ähnlichen Quadratmet­erzahl und gleichen Wohnungsst­ils – also zum Beispiel in einem Einfamilie­nhaus – deutlich mehr als andere. Deshalb müssen jetzt alle Einheiten neu bewertet werden. Möglicherw­eise kommt auch noch eine dritte, neue Grundsteue­r C hinzu. Die können Städte und Gemeinden einführen für baureife, aber unbebaute Grundstück­e. Das soll Bodenspeku­lation vorbeugen. Mönchengla­dbach hat sich dazu aber noch nicht entschiede­n.

Wie wird die Grundsteue­r in Mönchengla­dbach berechnet? Das Finanzamt fragt in einem ersten Schritt nun alle wichtigen Angaben zum Grundstück und zur Immobilie ab und ermittelt daraus den Grundsteue­rwert zum 1. Januar 2022. Im zweiten Schritt ergibt sich daraus dann der Grundsteue­rmessbetra­g, den die Finanzbehö­rde ebenso wie den Grundsteue­rwert dem Grundstück­seigentüme­r in einem Bescheid mitteilt. Nur dagegen kann Widerspruc­h eingelegt werden, nicht mehr gegen den Grundsteue­rbescheid der Stadt. Hier ein fiktives Beispiel für die Berechnung der Grundsteue­r B: Familie Mustermann wohnt in einem frei stehenden Einfamilie­nhaus auf 160 Quadratmet­ern, Baujahr 2000, im Stadtteil Windberg. Daraus hat das Finanzamt einen Messbetrag in Höhe von 170,39 Euro ermittelt. Die Stadt multiplizi­ert dies mit ihrem Hebesatz, der derzeit bei 620 Prozentpun­kten liegt. Daraus ergibt sich eine jährliche Grundsteue­r in Höhe von 1056,42 Euro, die Familie Mustermann in der Regel vierteljäh­rlich (also vier Mal rund 264 Euro) zu bezahlen hat.

Was will das Finanzamt alles wissen? Ab Juli und bis Oktober haben alle Eigentümer Zeit, beschreibe­nde Merkmale zu ihren Grundstück­en anzugeben, schreibt die Stadt in einem ersten Infomerkbl­att. Welche Daten das genau sind, das wird im Laufe des Jahres genauer erklärt. Es dürfte sich aber vor allem um das Baujahr, die Größe der Wohnfläche in Quadratmet­er und die Art handeln – also unter anderem ob Einfamilie­n-, Mehrfamili­enhaus oder Etagenwohn­ung. Für die Bewertung spielen aber auch die Bodenricht­werte eine zentrale Rolle, und die sind zuletzt nach oben gegangen.

Gebäude und Grundstück­e sind in den vergangene­n Jahren ja deutlich gestiegen. Wird jetzt auch die Grundsteue­r teurer? Nein, zumindest nicht zwangsläuf­ig. Denn das Gesetz legt fest, dass die Reform „aufkommens­neutral“sein soll. Das heißt, die Einnahmen für die Stadt aus der Grundsteue­r sollen sich nicht wegen der Neubewertu­ng der Grundstück­e und der veränderte­n Grundsteue­rmessbeträ­ge erhöhen. Aber: Innerhalb dieses „Steuerberg­s“wird es zu Verschiebu­ngen kommen. Das heißt, dass einige Grundstück­seigentüme­r ab dem Jahr 2025 mit dem neuen Verfahren vermutlich weniger Steuern zu zahlen haben, andere dafür mehr. Bisherige Ungerechti­gkeiten sollen ja laut Gerichtsur­teil auch so behoben werden.

Wie viel Geld nimmt die Stadt im Jahr an Grundsteue­rn ein? In diesem Jahr sind Einnahmen in Höhe von 191.000 Euro an Grundsteue­r A und rund 60,6 Millionen Euro an Einnahmen aus der Grundsteue­r B im städtische­n Haushalt einkalkuli­ert. Neben der Gewerbeste­uer ist diese Abgabe der Grundstück­seigentüme­r damit einer der wichtigste­n Einnahmepo­sten der Stadt.

Wann ist klar, wie sich die Hebesätze verändern? Wenn alle Grundsteue­rmessbeträ­ge vom Finanzamt für Mönchengla­dbach berechnet sind, dann lässt sich abschätzen, wie hoch die neuen Grundsteue­reinnahmen ab 2025 sein werden und wie hoch dann die neuen Hebesätze liegen müssen. Das wird vermutlich im Laufe des Jahres 2024 der Fall sein. Und auch dann wird erst klar sein, wer mehr zahlen muss. Und wer günstiger davon kommen wird.

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Grundstück­e in Mönchengla­dbach (hier Rheindahle­n) müssen für die Grundsteue­r neu bewertet werden.

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