Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Covid erhöht offenbar Risiko für Fehlgeburten
Pathologen haben erstmals Coronaviren in einer Plazenta nachgewiesen. Dies könnte erklären, warum die Gefahr von Fehl- oder Totgeburten Studien zufolge erhöht ist. Neue Untersuchungen bestätigen außerdem den hohen Schutz vor Komplikationen durch die Impfung.
Schwangere haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen während einer Infektion mit Covid-19. Das belegen mittlerweile diverse Studien. Eine neue Forschungsarbeit aus Schottland zeigt nun, wie wichtig die Impfung gerade für diese Risikogruppe ist: Im Zeitraum von Dezember 2020 bis Oktober 2021 analysierten die Wissenschaftler mehr als 91.000 Schwangerschaften bei knapp 88.000 Frauen.
Das Ergebnis zeigt eindeutig, dass ungeimpfte Schwangere bei einer Corona-Infektion wesentlich häufiger im Krankenhaus behandelt werden mussten als geimpfte. Von den 4950 im Beobachtungszeitraum infizierten Frauen waren 77,4 Prozent ungeimpft. Gerade bei der Hospitalisierung zeigte sich der Vorteil der Impfung: Von den 823 Frauen, die in eine Klinik eingewiesen wurden, waren 90,9 Prozent ungeimpft. 104 Schwangere mussten auf die Intensivstation – 102 von ihnen (98,1 Prozent) waren nicht geimpft. Die Studie ist nachzulesen im Fachjournal „Nature Medicine“.
Dass eine Corona-Infektion der Mutter auch das ungeborene Kind gefährden kann, vermuten Wissenschaftler schon länger. Bereits im vergangenen November kam eine Studie des Center for Disease Control and Prevention (CDC) zu dem Ergebnis, dass das Risiko einer Fehlgeburt nach einer Infektion mit Sars-Cov-2 um das Vierfache ansteigt. Ob die Ursache dabei die Infektion der Mutter war oder ein Virenbefall des Ungeborenen, war bisher aber unklar. Nun haben USForscher erstmals das Coronavirus in der Plazenta nachgewiesen. Sie berichten darüber im Fachmagazin „Journal of infectious diseases“. Die Plazenta (auch Mutterkuchen genannt) versorgt in der Schwangerschaft den heranwachsenden Fötus mit lebenswichtigen Nährstoffen. Vor allem die Delta-Variante ist nach den neuen Erkenntnissen eine Gefahr.
In drei Fällen konnten Mediziner im Massachusetts General Hospital in Boston Coronaviren in der Plazenta von Schwangeren nachweisen. Alle drei Schwangerschaften endeten innerhalb von 14 Tagen nach Krankheitsbeginn vorzeitig, zwei durch eine Fehlgeburt; im dritten Fall wurde das Kind in der 31. Woche auf die Welt geholt. In den Blutproben der Schwangeren wurde
Sars-Cov-2 nachgewiesen, ebenso in ihrer Plazenta, die stets entzündlich verändert war. Eine Sequenzierung ergab, dass alle drei Frauen mit der Delta-Variante von Sars-Cov-2 infiziert waren. Dabei waren die Erreger auch auf der „fetalen Seite“der Plazenta nachweisbar, also in dem Gewebe, welches für die Ernährung des Embryos zuständig ist. Ob die Föten tatsächlich auch infiziert waren, hätte nur eine Obduktion klären können. Dazu gab es aber kein Einverständnis, schreibt das Ärzteblatt. Das frühzeitig entbundene Kind hatte kein Covid-19. Bei vorangegangenen Untersuchungen an
Mutterkuchen auf frühere Coronavirus-Varianten war dies bisher nie der Fall gewesen.
Auch die Daten aus Schottland legen nach Ansicht der Studienmacher nahe, dass Schwangere mit Covid-19 nicht nur ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, sondern auch Früh- und Totgeburten häufiger vorkommen. Die Impfquote unter Schwangeren lag im Zeitraum von April 2021 bis 31. Oktober 2021 nur bei 32,3 Prozent verglichen mit 77,4 Prozent bei allen Frauen gleichen Alters.
Die Folge war eine erhöhte Rate von Todesfällen zwischen der 24. Schwangerschaftswoche und dem 28. Tag nach der Geburt. Sie betrug bei den Kindern, die innerhalb von vier Wochen nach der Infektion der Mutter (lebendig oder tot) geboren wurden, 22,6 pro 1000 Geburten und lag damit deutlich über der generell erfassten pandemischen Hintergrundrate von 5,6 pro 1000 Geburten. Ob Covid-19 aber direkt zu den Todesfällen oder Frühgeburten beigetragen habe, lasse sich nicht genau zuordnen, betonen die Autoren. Denn andere Risikofaktoren, etwa Vorerkrankungen und das Alter der Schwangeren, seien in der Studie nicht erfasst worden.
„Schwangere erkranken nicht mehr als nicht-schwangere Frauen gleichen Alters – aber zwei bis vier Mal häufiger mit stärkeren Symptomen bis hin zur Notwendigkeit der Beatmung, auch mit künstlicher Lunge“, sagte Geburtsmediziner Ekkehard Schleußner im ZDF. Schleußner ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin und Direktor der Klinik für Geburtsmedizin an der Universitätsklinik Jena. Das Coronavirus befalle den ganzen Körper, unter anderem auch das Gefäßsystem. Bei Schwangeren sei es besonders belastet.
Der Mediziner rät wie auch die gynäkologischen Fachgesellschaften und die Ständige Impfkommission (Stiko) zur Impfung für Schwangere mit einem mRNA-Impfstoff. Und auch die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) empfiehlt ausdrücklich die Impfung für werdende Mütter mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer oder Moderna.
Angst vor möglichen Gefahren durch die Impfung für Mutter und Kind seien unbegründet. Die Ema hat mehrere Studien ausgewertet, an denen rund 65.000 Frauen mit Schwangerschaften in verschiedenen Stadien beteiligt waren. „Die Überprüfung ergab keine Anzeichen für ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen, Fehlgeburten, Frühgeburten oder Nebenwirkungen bei den ungeborenen Babys nach einer mRNA-CoronaImpfung“, heißt es in einer Erklärung der Behörde.