Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Hartz IV trotz Job – 2085 Aufstocker im Kreis Heinsberg
ERKELENZER LAND (RP) Wenn der Job zum Leben nicht reicht: Im Kreis Heinsberg sind aktuell 2085 Menschen auf Sozialleistungen angewiesen – obwohl sie eine Arbeit haben. Damit ist jeder fünfte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher im Kreis ein „Aufstocker“(20 Prozent). Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-GenussGaststätten (NGG) unter Berufung auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit mit.
NGG-Regionalchefin Diana Hafke spricht von „alarmierenden Zahlen“. Es könne nicht sein, dass so viele Menschen trotz Arbeit zum Jobcenter gehen müssten. „Besorgniserregend ist vor allem der hohe Anteil von Kindern, die unter Armutsbedingungen aufwachsen“, sagt Hafke. Laut Arbeitsagentur leben bei 1015 Hartz-IV-Aufstockern im Kreis Heinsberg Kinder im Haushalt. 410 dieser Haushalte werden von Alleinerziehenden geführt – 89 Prozent von ihnen sind Frauen.
Nach Beobachtung der Gewerkschafterin sind prekäre Arbeitsverhältnisse eine Hauptursache des Problems: „Wer an der Bäckertheke oder im Restaurant arbeitet und dabei nur einen Mini- oder Teilzeitjob hat, für den wird es am Monatsende
sehr eng.“Zwar sei es kürzlich gelungen, im NRW-Gastgewerbe Lohnerhöhungen im zweistelligen Bereich zu erzielen. Allerdings müssten sich die Unternehmen auch an ausgehandelte Tarifverträge halten, fordert Hafke. „Die von der Bundesregierung geplante Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde ist ein wichtiger erster Schritt.“
„Besonders wichtig ist es, die Lage von Kindern in Hartz-IV-Haushalten zu verbessern. Armut darf nicht vererbt werden“, unterstreicht Hafke. Die von der Ampel-Koalition angekündigte Kindergrundsicherung sei ein „richtiger Schritt“. Mit der Reform sollen bisherige Leistungen für Kinder gebündelt und ein höheres Existenzminimum festgelegt werden. „Hier ist entscheidend, das Armutsrisiko für Kinder zu minimieren – indem die Bedarfssätze für Heranwachsende deutlich steigen“, sagt Hafke. Das von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) versprochene Gesetz dazu müsse nun rasch auf den Weg gebracht werden. Hafke begrüßt die Pläne der Bundesregierung, Hartz IV durch ein sogenanntes Bürgergeld zu ersetzen.