Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Umfrage: Schwarz-Grün in NRW möglich
Es zeichnen sich neue Koalitionsoptionen ab, die SPD liegt nun hinter der CDU. Die FDP muss Federn lassen. Ein Grund ist die Schulpolitik der Regierung.
DÜSSELDORF NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und die CDU haben in der Wählergunst deutlich Boden gutgemacht. Das ergab der „NRW-Check“, eine Umfrage-Serie der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen vor der Landtagswahl am 15. Mai. Würde der Ministerpräsident nicht aus der Mitte des Landtags, sondern direkt von den Bürgern gewählt, käme der Amtsinhaber laut der Forsa-Umfrage auf eine Zustimmung von 29 Prozent – das ist ein Plus von fünf Prozentpunkten gegenüber dem letzten „NRW-Check“im Dezember. Doch auch Wüsts aussichtsreichster Herausforderer, Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD), konnte zulegen und steigerte sich bei der Frage nach dem bevorzugten Ministerpräsidenten um vier Punkte auf 16 Prozent.
Grundsätzlich habe es ein Ministerpräsident leichter als der Oppositionsführer im Landtag, wahrgenommen zu werden. Und das helfe dann auch bei einer Landtagswahl, sagte der Düsseldorfer Politologe Thomas Poguntke unserer Redaktion. „Dass er nun zusätzlich noch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz geworden ist, spielt ihm dabei in die Karten. Bislang hat er bei der Pandemiebekämpfung keine nennenswerten Fehler gemacht. Allerdings kann in einer Krise die Stimmung sehr schnell kippen.“
Würde allerdings schon Anfang Februar und nicht erst am 15. Mai der nordrhein-westfälische Landtag gewählt, läge die CDU mit 29 Prozent (plus zwei Punkte im Vergleich zum Dezember) jetzt vor der SPD mit unverändert 27 Prozent. Für die FDP halten die Demoskopen wenig Erbauliches parat: Die Liberalen rutschen wieder in den einstelligen Bereich: Mit neun Prozent reicht es rechnerisch nicht mehr für eine Fortsetzung der selbst ernannten NRWKoalition mit der CDU. Ein möglicher Erklärungsansatz ist die anhaltend hitzige Debatte um die Bildungspolitik in Corona-Zeiten, die von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) verantwortet wird. Bildungspolitik, so ein Ergebnis der Forsa-Umfrage, ist direkt nach der Corona-Pandemie nach Ansicht der Befragten das größte Problem.
„Die Schulpolitik entwickelt sich augenscheinlich zum Problemfeld für die Landesregierung“, sagte Poguntke. Fairerweise müsse man sagen, dass die Schulministerin in Pandemie-Zeiten nur schwerlich fehlerfrei agieren könne. „Im Augenblick steht ja quasi jeder Kultusminister mit dem Rücken zur Wand.“
Auch der Präsident des nordrheinwestfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch, gesteht zu, dass Gebauer in einer außergewöhnlichen Situation agieren musste. „Meine Kritik richtet sich in erster Linie an die Kommunikation mit den Schulen und der Öffentlichkeit. Ausgedrückt in Schulnoten bekäme Ministerin Gebauer dafür ein ,schwach ausreichend`.“
Tatsächlich sind die Befragten auch unabhängig von Corona mit einer überwältigenden Mehrheit von 73 Prozent von der Schulpolitik des Landes enttäuscht. „Die Umfragewerte zeigen schon recht deutlich, dass das Thema Bildung eine wesentliche Rolle bei der Wahlentscheidung spielen dürfte“, so Poguntke. Für die FDP sei die Schulpolitik auf jeden Fall eine Belastung. „Es wiederholen sich die Erfahrungen, die die Grünen bei der letzten Landtagswahl gemacht haben, bei der sie extrem wegen der ungeliebten Schulpolitik abgestürzt sind.“
Die Grünen waren bei der Landtagswahl vor fünf Jahren wegen ihrer Schulpolitik massiv von den Wählern abgestraft worden, büßten damals knapp fünf Prozentpunkte ein und landeten bei 6,4 Prozent. Laut dem aktuellen „NRW-Check“können die Grünen aber mit 18 Prozent rechnen und könnten rein rechnerisch mit der CDU eine Zweierkoalition eingehen. Die Linke würde mit vier Prozent erneut den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag verpassen, die AfD käme auf sieben Prozent, die sonstigen Parteien auf sechs.
„Wir haben recht viele Optionen derzeit“, sagt Politologe Poguntke, „Jamaika, Schwarz-Grün, eine Ampel. Und sollte die SPD zulegen, wäre durchaus eine Neuauflage von Rot-Grün denkbar. Bis zum Wahltag bleibt es spannend.“Dürften die Bürger direkt über die Koalition entscheiden, wäre im Übrigen die Fortsetzung von Schwarz-Gelb der Favorit. 22 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, auf dem zweiten Platz dicht dahinter rangiert der Wunsch nach einer Neuauflage von Rot-Grün mit 21 Prozent.
Für den „NRW Check“befragte Forsa vom 26. Januar bis zum 2. Februar insgesamt 2006 wahlberechtigte Bürger in NRW. Bis zur Landtagswahl am 15. Mai werden im März und April/Mai zwei weitere Befragungswellen folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird. Hinter dem „NRW-Check“stehen 39 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern.