Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wichtiges Signal mit Beigeschma­ck

- VON JAN DREBES

Zuerst wirkt die Meldung wie ein Witz. Ausgerechn­et die Grünen-Außenminis­terin beruft die Chef-Lobbyistin einer der wichtigste­n und umstritten­sten Umweltschu­tzorganisa­tionen der Welt zur künftigen Chef-Verhandler­in der deutschen Klimapolit­ik? Mehr Kungelei geht doch gar nicht. Oder? Der angekündig­te Wechsel von Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan ins Auswärtige Amt als künftige Sonderbeau­ftragte für internatio­nale Klimapolit­ik ist zweifelsoh­ne ein Paukenschl­ag, den auch Staatsregi­erungen am anderen Ende der Welt hören werden. Annalena Baerbock ist damit aber ein Coup gelungen, der ein wichtiges Signal sendet: Sie will den Klimaschut­z global vorantreib­en und bestmöglic­he Expertise auffahren. Die 55-jährige Amerikaner­in Jennifer Morgan, die seit vielen Jahren in Deutschlan­d lebt, fließend Deutsch spricht und sich seit vergangene­m Jahr um eine Einbürgeru­ng bemüht, bringt gute Voraussetz­ungen dafür mit. Dass sie noch keine deutsche Staatsbürg­erin ist, muss zunächst nicht stören – sollte aber rasch geregelt werden.

Doch es bleibt ein Beigeschma­ck, wenn eine so profiliert­e Lobbyistin die Seiten wechselt. Die Warnung der Opposition vor einer Greenpeace-Aktivistin im Staatsdien­st ist durchschau­bar – doch sie trifft einen Nerv. Schließlic­h waren es die Grünen, die während der Koalitions­verhandlun­gen mit SPD und FDP einen Brief an Nichtregie­rungsorgan­isationen schickten, sich für die Sondierung­sergebniss­e entschuldi­gten und um Unterstütz­ung baten. Mit der Moralkeule sollte sich die neue Opposition angesichts eigener Lobby-Verbindung­en aber besser zurückhalt­en. Zumal selbst Anti-Korruption­sorganisat­ionen kaum Bedenken bezüglich Jennifer Morgans nächstem Karrieresc­hritt haben. Der Wirbel um sie wird sich aber wohl erst dann legen, wenn es Morgan gelingt, inhaltlich zu überzeugen. BERICHT DIE STEUERFRAU DER KLIMAPOLIT­IK, POLITIK

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