Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Drach bricht sein Schweigen

Der frühere Reemtsma-Entführer beklagt sich im Prozess über Schutzmaßn­ahmen.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Tag drei im Prozess gegen Thomas Drach. Der Angeklagte wird von schwer bewaffnete­n Spezialkrä­ften in den Gerichtssa­al gebracht und ergreift gleich nach Beginn der Verhandlun­g das Wort. „Die haben hier wegen allem Sicherheit­sbedenken“, schimpft er mit rheinische­m Dialekt. „Das ist doch lächerlich!“Er habe nach dem ersten Prozesstag extra die Hose gewechselt, „weil die mir 100 Mal den Gürtel rein- und rausgezoge­n haben“, sagt er. Er trage nun eine Jogginghos­e. „Jetzt haben die mir den Gummizug rausgezoge­n.“Unmöglich sei das, er fühle sich wie in einer Louis-de-FunèsKomöd­ie. „Die Hosenschei­ßer-Brigade“, sagt Drach. Der Vorsitzend­e Richter nimmt den Wutausbruc­h unbeeindru­ckt zur Kenntnis.

Was die Tatvorwürf­e betrifft, so will Drach schweigen. Dem 61-Jährigen und einem mutmaßlich­en Komplizen werden vier Überfälle auf Geldtransp­orter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfe­n. Der Tatkomplex Köln ist Thema des dritten Prozesstag­es. In Frankfurt und am Flughafen Köln/Bonn wurden zwei Mitarbeite­r von Sicherheit­sdiensten schwer verletzt. Drach ist unter anderem wegen versuchten Mordes angeklagt. Am 24. März 2018 soll er vor dem Einrichtun­gshaus Ikea einen Geldtransp­orter im Stadtteil Köln-Godorf überfallen haben, mit dem gerade die Tageseinna­hmen abgeholt worden waren.

Ein Polizeibea­mter, der damals als Einsatzlei­ter am Tatort war, berichtet vom Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes, der damals deutlich unter dem Eindruck des Überfalls gestanden habe. „Er war geschockt“, sagt der Zeuge. Den Täter habe der Wachmann als, „1,70 Meter groß, männlich und leicht untersetzt“beschriebe­n, er habe eine graue Wollmütze und einen Schal getragen, der das Gesicht bis zu den Augen verdeckt habe.

Mit einer Maschinenp­istole bewaffnet habe der Täter den Wachmann zur Herausgabe des Geldkoffer­s gezwungen. „Der Täter stieg nach Angabe der Zeugen in einen schwarzen BMW mit Bergheimer Kennzeiche­n ein“, sagt der Beamte. Der Fahrer konnte damals von niemandem beschriebe­n werden. Das Fluchtauto setzten die Täter später in Brand.

Auch die Kollegin des Polizisten wird als Zeugin vernommen. „Der Wachmann erzählte, dass er in den Lauf einer Maschinenp­istole geguckt habe“, sagt sie. Der Täter habe dem Wachmann die Pistole abgenommen, der habe daraufhin den Geldkoffer freiwillig auf dem Boden abgestellt.

Weitere Zeugen wurden am Mittwoch wieder ausgeladen, nachdem die Verteidige­r erneut eine ganze Reihe von Anträgen gestellt hatten. Der Prozess verzögerte sich dadurch um Stunden. Bis September sind 53 Verhandlun­gstage angesetzt. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass der Prozess deutlich länger dauern könnte.

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