Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Drach bricht sein Schweigen
Der frühere Reemtsma-Entführer beklagt sich im Prozess über Schutzmaßnahmen.
KÖLN Tag drei im Prozess gegen Thomas Drach. Der Angeklagte wird von schwer bewaffneten Spezialkräften in den Gerichtssaal gebracht und ergreift gleich nach Beginn der Verhandlung das Wort. „Die haben hier wegen allem Sicherheitsbedenken“, schimpft er mit rheinischem Dialekt. „Das ist doch lächerlich!“Er habe nach dem ersten Prozesstag extra die Hose gewechselt, „weil die mir 100 Mal den Gürtel rein- und rausgezogen haben“, sagt er. Er trage nun eine Jogginghose. „Jetzt haben die mir den Gummizug rausgezogen.“Unmöglich sei das, er fühle sich wie in einer Louis-de-FunèsKomödie. „Die Hosenscheißer-Brigade“, sagt Drach. Der Vorsitzende Richter nimmt den Wutausbruch unbeeindruckt zur Kenntnis.
Was die Tatvorwürfe betrifft, so will Drach schweigen. Dem 61-Jährigen und einem mutmaßlichen Komplizen werden vier Überfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfen. Der Tatkomplex Köln ist Thema des dritten Prozesstages. In Frankfurt und am Flughafen Köln/Bonn wurden zwei Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten schwer verletzt. Drach ist unter anderem wegen versuchten Mordes angeklagt. Am 24. März 2018 soll er vor dem Einrichtungshaus Ikea einen Geldtransporter im Stadtteil Köln-Godorf überfallen haben, mit dem gerade die Tageseinnahmen abgeholt worden waren.
Ein Polizeibeamter, der damals als Einsatzleiter am Tatort war, berichtet vom Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, der damals deutlich unter dem Eindruck des Überfalls gestanden habe. „Er war geschockt“, sagt der Zeuge. Den Täter habe der Wachmann als, „1,70 Meter groß, männlich und leicht untersetzt“beschrieben, er habe eine graue Wollmütze und einen Schal getragen, der das Gesicht bis zu den Augen verdeckt habe.
Mit einer Maschinenpistole bewaffnet habe der Täter den Wachmann zur Herausgabe des Geldkoffers gezwungen. „Der Täter stieg nach Angabe der Zeugen in einen schwarzen BMW mit Bergheimer Kennzeichen ein“, sagt der Beamte. Der Fahrer konnte damals von niemandem beschrieben werden. Das Fluchtauto setzten die Täter später in Brand.
Auch die Kollegin des Polizisten wird als Zeugin vernommen. „Der Wachmann erzählte, dass er in den Lauf einer Maschinenpistole geguckt habe“, sagt sie. Der Täter habe dem Wachmann die Pistole abgenommen, der habe daraufhin den Geldkoffer freiwillig auf dem Boden abgestellt.
Weitere Zeugen wurden am Mittwoch wieder ausgeladen, nachdem die Verteidiger erneut eine ganze Reihe von Anträgen gestellt hatten. Der Prozess verzögerte sich dadurch um Stunden. Bis September sind 53 Verhandlungstage angesetzt. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass der Prozess deutlich länger dauern könnte.