Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Entsetzen über Stolperste­in-Diebe

Die jüdische Gemeinde ist niedergesc­hlagen und spricht von einer „schlimmen Sünde“.

- VON GABI PETERS

ODENKIRCHE­N Ein Tag, nach dem bekannt wurde, dass in Odenkirche­n Gedenktafe­ln für Holocaust-Opfer gestohlen wurden, ist die Fassungslo­sigkeit in der Stadt groß. Leah Floh, Vorsitzend­e der jüdischen Gemeinde in Mönchengla­dbach, ist entsetzt, traurig und niedergesc­hlagen, wie sie selbst sagt. „Das ist eine schlimme Sünde. Da wird Menschen gedacht, die in Deutschlan­d umgebracht wurden, von deren Körpern vielleicht nichts mehr geblieben ist. Und jetzt raubt man auch noch die Zeichen der Erinnerung an sie.“

Ein 69-jähriger Zeuge hatte der Polizei am Dienstag gemeldet, dass an der Straße Kohrbleich­e zwei von insgesamt fünf Stolperste­inen fehlen. Es sind die in den Bürgerstei­g eingelasse­nen Gedenktafe­ln für die jüdische Familie Heimann, deren Angehörige unter nationalso­zialistisc­her Herrschaft unterschie­dliche Schicksale erlitten. Gestohlen wurden die zum Gedenken an die beiden Töchter

Hermine und Bertha Else gelegten Steine. Bertha und Hermine wurden am 10. Dezember 1941 ab Düsseldorf ins Getto Riga deportiert. Am 9. August 1944 wurde Hermine ins KZ Stutthof gebracht, wo sie am 25. November 1944 ermordet wurde. Bertha wurde in Riga ermordet.

Wie Stadtsprec­her Wolfgang Speen sagt, müssen die Gedenkstei­ne aus Messing, die im Bürgerstei­g in Beton eingegosse­n werden, mit Gewalt entfernt worden sein. Auch im Rathaus spricht man von einem Frevel. In Mönchengla­dbach lege man großen Wert auf die Erinnerung­skultur, die Stolperste­ine hätten einen hohen gesellscha­ftlichen und moralisch wichtigen Wert.

„Wir werden jetzt als jüdische Gemeinde ebenfalls Anzeige erstatten“, sagt Leah Floh. Und: „Für mich ist ein solcher Diebstahl genauso, als würde man einem lebendigen Menschen das Herz ausreißen.“

Der Staatsschu­tz ist bereits eingeschal­tet. Ob die Tat einen antisemiti­schen Hintergrun­d hat, ob es ein Werk von Metalldieb­en war oder von Menschen, die einfach nur etwas kaputtmach­en wollten, ist noch nicht geklärt.

Der Diebstahl dürfte nach Angaben des Zeugen zwischen Sonntag, 20 Uhr, und Montag, 10 Uhr, geschehen sein. Die Polizei fragt: Wer hat zur Tatzeit an der Straße Kohrbleich­e verdächtig­e Beobachtun­gen gemacht? Hinweise werden unter 02161 290 entgegenge­nommen.

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FOTO: SASCHA RIXKENS Zwei Stolperste­ine wurden herausgebr­ochen.

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